09. Oktober 2019, 23:05 Uhr

Türkei beschießt Nordsyrien

09. Oktober 2019, 23:05 Uhr
Rauch steigt über der syrischen Stadt Tall Abjad auf, nachdem sie von einem türkischen Angriff getroffen wurde. (Foto: AFP)

Istanbul (dpa). Die Türkei hat nach Luftangriffen und Artilleriefeuer gegen kurdische Milizen in Nordsyrien gestern Abend auch mit einer Bodenoffensive begonnen. Das bestätigte das türkische Verteidigungsministerium in Ankara über Twitter. »Unsere heldenhaften türkischen Streitkräfte und die Nationale Syrische Armee haben im Rahmen der »Operation Friedensquelle« ihre Bodenoffensive im Osten des (Flusses) Euphrat begonnen«, hieß es im Text. Mit der Nationalen Syrischen Armee sind von der Türkei unterstützte syrische Rebellen gemeint. Wo die Soldaten die Grenze überquerten und wie viele Truppen verlegt wurden, blieb zunächst unklar.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Start des lange geplanten Militäreinsatzes am Mittwochnachmittag per Twitter bekanntgegeben. Ziel der Offensive ist die kurdische YPG-Miliz, die auf syrischer Seite der Grenze ein großes Gebiet kontrolliert. Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit eine Terrororganisation.

In den ersten Stunden der Angriffe, die um 16 Uhr Ortszeit begannen, seien mindestens 15 Menschen getötet worden, sagten Aktivisten. Unter den acht zivilen Opfern seien auch zwei Kinder, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Bei den anderen Toten handele es sich um Kämpfer der von Kurden angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Die Menschenrechtler berichteten zudem von mehr als 40 Verletzten, darunter 13 Zivilisten.

Die Offensive löste international scharfe Kritik aus. Senatoren im US-Kongress bereiteten eine parteiübergreifende Resolution für Sanktionen gegen die Türkei vor. Viele Regierungen und internationale Institutionen drangen auf einen sofortigen Stopp der Offensive.

Bundesaußenminister Heiko Maas sagte in Berlin: »Die Türkei nimmt damit in Kauf, die Region weiter zu destabilisieren und riskiert ein Wiedererstarken des IS.« Es drohe eine weitere humanitäre Katastrophe sowie eine neue Fluchtbewegung. »Wir rufen die Türkei dazu auf, ihre Offensive zu beenden und ihre Sicherheitsinteressen auf friedlichem Weg zu verfolgen.« US-Präsident Donald Trump befand, die Offensive sei »keine gute Idee«.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, die Türkei müsse sicherstellen, dass ihr Vorgehen verhältnismäßig und maßvoll sei. Er will am Freitag mit Präsident Erdogan zusammenkommen. (Seite 4)



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