23. Juli 2019, 23:11 Uhr

Johnson will Spaltung überwinden

23. Juli 2019, 23:11 Uhr
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Von DPA
Boris Johnson hat sein Ziel erreicht: Er wird der nächste britische Premierminister. Der ehemalige Brexit-Wortführer hat einen harten Kurs in Sachen EU-Austritt eingeschlagen. Einen No Deal will er in Kauf nehmen. (Foto: AFP)

London (dpa). Nach seinem haushohen Sieg bei der Wahl zum britischen Premierminister will Boris Johnson seine umstrittenen Brexit-Pläne durchboxen und zugleich die tiefe Spaltung des Landes überwinden. Die Ziele seien nun, den EU-Austritt zu vollziehen, das Land zu einen und Oppositionschef Jeremy Corbyn zu besiegen, sagte der neue Chef der britischen Konservativen nach seiner Wahl am Dienstag in London - genau 100 Tage vor dem geplanten Brexit. Er wolle den Wunsch nach Freundschaft mit Europa und die Sehnsucht nach demokratischer Selbstbestimmung vereinen.

Brexit-Hardliner Johnson hatte sich in der Abstimmung innerhalb der konservativen Tory-Partei deutlich mit 66,4 Prozent der Stimmen gegen Außenminister Jeremy Hunt durchgesetzt. Heute übernimmt der Parteichef das Amt des Premierministers von Theresa May.

Doch schon kurz nach Johnsons Wahl wurde erneut deutlich, dass seine Brexit-Pläne unvereinbar mit der Europäischen Union sind. Auch von der Labour-Opposition bekam er heftigen Gegenwind.

Viel Lob erhielt Johnson hingegen von US-Präsident Donald Trump, der lukrative Geschäfte mit Großbritannien wittert: »Glückwunsch an Boris Johnson, dass er neuer Premierminister des Vereinigten Königreichs geworden ist«, schrieb Trump auf Twitter. »Er wird großartig sein!« Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ Johnson ausrichten: »Unsere Länder soll auch in Zukunft eine enge Freundschaft verbinden.«

May hatte sich für einen Rücktritt entschieden, nachdem sie dreimal mit ihrem mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Deal im Parlament durchgefallen war. Sie sicherte Johnson Hilfe zu: »Sie haben meine volle Unterstützung von den Hinterbänken.«

Johnson will das Abkommen über den EU-Austritt seines Landes mit Brüssel neu verhandeln. Die Europäische Union lehnt aber jegliche Änderung an dem Deal ab. Johnson will daher notfalls am 31. Oktober ohne Austrittsvertrag ausscheiden. Das dürfte erhebliche negative Folgen für die Wirtschaft und viele weitere Lebensbereiche haben.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will »so gut wie möglich« mit Johnson zusammenarbeiten. Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier twitterte: »Wir freuen uns darauf, mit Boris Johnson nach seiner Amtsübernahme konstruktiv zusammenzuarbeiten, um die Ratifizierung des Austrittsabkommens zu erleichtern und um einen geregelten Brexit zu gewährleisten.« Änderungen sind nach Barniers Worten aber nur an der politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen möglich.

Johnson, der es mit der Wahrheit oft nicht genau nimmt, dürfte viele Regierungsposten neu besetzen. Zeitungen spekulierten etwa über ein Comeback der früheren Brexit-Minister Dominic Raab und David Davis. Am vergangenen Wochenende hatten Finanzminister Philip Hammond und Justizminister David Gauke die Aufgabe ihrer Ämter im Falle eines Sieg Johnsons angekündigt. Mit weiteren Rücktritten wird gerechnet.

Oppositionschef Corbyn forderte umgehend eine Neuwahl. Johnson sei von weniger als 100 000 Parteimitgliedern der Konservativen unterstützt worden und habe nicht das Land hinter sich gebracht, schrieb der Labour-Politiker. (Seiten 4 und 5)



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