Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich wollen die unterlegenen Sozialisten und Konservativen dem linksliberalen Favoriten Emmanuel Macron den Weg ins höchste Staatsamt ebnen. Ziel ist es, die Rechtspopulistin Marine Le Pen unter allen Umständen zu stoppen. Der scheidende Präsident François Hollande rief gestern in Paris zur nationalen Einheit auf, um die rechtsextreme Gefahr zu bannen. »Ich werde Macron wählen«, sagte der Sozialist. Die Spitze der konservativen Republikaner gab zwar keine direkte Empfehlung für Macron ab, rief aber ihre Anhänger auf, Le Pen eine Niederlage zuzufügen. Die Rechtspopulistin gab gestern Abend bekannt, dass sie vorübergehend den Vorsitz der Front National (FN) niedergelegt hat, um sich auf die Präsidentschaftswahl zu konzentrieren.
Wegweisend für Europa
Die Stichwahl am 7. Mai gilt als historische Richtungsentscheidung für Europa. Der sozialliberale Macron will die Zusammenarbeit in der Europäischen Union stärken, Le Pen will aus dem Euro und der EU aussteigen. Hollande warnte, eine Wahl der Chefin der Front National berge sowohl die Gefahr einer Isolation Frankreichs als auch eines Bruchs mit der EU. In Berlin und Brüssel sorgte der Ausgang für ein Aufatmen, auch die Finanzmärkte reagierten positiv.
Der 39-jährige Macron hatte den ersten Wahlgang mit 24,0 Prozent gewonnen, seine Kontrahentin erreichte rund 21,3 Prozent, wie das Innenministerium am Montagabend mitteilte. Der vor Wochen noch favorisierte konservative Kandidat François Fillon schaffte nur 20,01 Prozent, der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon landete bei 19,6 Prozent und der Sozialist Benoît Hamon bei 6,4 Prozent. Insgesamt waren elf Kandidaten angetreten. Die Wahlbeteiligung lag bei 77,8 Prozent. Vor fünf Jahren waren es noch rund 79,5 Prozent gewesen.
In der Stichwahl ist nach Umfragen ein klarer Sieg des Ex-Wirtschaftsministers zu erwarten. Die sogenannten Volksparteien kamen im ersten Wahlgang zusammen nur auf etwa 26 Prozent. Dass Hollande sich für Macron ausspricht, war erwartet worden. Das Verhältnis der beiden ist von Spannungen geprägt. Hollande hatte Macron als seinen »Ziehsohn« 2012 in den Élyséepalast geholt und ihn 2014 zum Minister gemacht. Dann schied Macron Mitte 2016 aus der Regierung aus und nahm selbst Kurs auf höchste Staatsamt. Manche sprachen von Verrat.
Der Wahlkampf für das Präsidentschaftsduell ist bereits im vollen Gange. Das Kampagnenchef von Le Pen warf Macron vor, er gehöre zum alten System und wolle zu wenig gegen den Terror, die Globalisierung und die Einwanderung tun. Macrons Sprecher sagte, Le Pen habe sich in der Wirtschafts- und Steuerpolitik »wie eine Weihnachtsfrau« verhalten. »Sie hat die Steuergeschenke vervielfacht.« Das sei unverantwortlich.
Nach der schweren Schlappe ihres Kandidaten Fillon wollen sich die Konservativen rasch für die Parlamentswahl im Juni neu aufstellen. Die Führung einigte sich auf folgende Empfehlung: »Angesichts der Front National ist eine Wahlenthaltung keine Option. Wir rufen dazu auf, zu wählen, um Marine Le Pen im zweiten Wahlgang zu schlagen.« Zudem warb die Partei dafür, bei der Parlamentswahl für die Republikaner zu stimmen. Der gescheiterte Fillon selbst zieht sich nun zurück und will die Konservativen künftig nicht mehr in die Parlamentswahl führen (Seiten 3, 4, 5). (dpa/Foto: dpa)