20. April 2017, 22:12 Uhr

Le Pens stärkste Konkurrenten

20. April 2017, 22:12 Uhr
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Von DPA
Mélenchon

Paris (dpa). Selten steckte in französischen Präsidentschaftswahlen so viel Brisanz. Denn erstmals hat eine Vertreterin des rechtsnationalen Front National, Marine Le Pen, große Aussichten auf einen Sieg. Ihr schärfster Konkurrent dürfte der Sozialliberale Emmanuel Macron sein. Aber auch der skandalumwitterte Konservative François Fillon und der Linke Jean-Luc Mélenchon rechnen sich Chancen aus.

François Fillon – Kantiger Konservativer mit Justizärger – Andere hätten längst das Handtuch geworfen. François Fillon ist als Spitzenkandidat der bürgerlichen Rechten seit Mitte März mit einem Ermittlungsverfahren der französischen Justiz konfrontiert. In der Affäre um die Beschäftigung seiner Frau Penelope im Parlament prüfen Ermittler den Verdacht, dass Staatsgelder hinterzogen wurden. Kein anderer Präsidentschaftskandidat der vergangenen Jahrzehnte hatte mit derart massiven Vorwürfen zu kämpfen. Fillon wies die Anschuldigungen zurück, doch seine Kandidatur litt erheblich unter »Penelopegate«. Dazu kamen Medienenthüllungen über sein Privatleben. So nahm er in seiner Zeit als Premierminister eine teure Uhr als Geschenk an. Trotz allem werden dem Notarssohn aus der westfranzösischen Provinz im ersten Wahlgang immer noch rund 20 Prozent der Stimmen zugetraut.

Fillon spielt gerne seine Erfahrung aus, er war fünf Jahre lang Regierungschef unter Präsident Nicolas Sarkozy (2007–2012). Bei den konservativen Republikanern stach der Vater von fünf Kindern im vergangenen Jahr völlig überraschend seinen früheren Chef Sarkozy und den beliebten Alain Juppé aus. Von Sarkozy setzte er sich mit einem »No-nonsense-«Stil ab, von Juppé mit seinem radikalen Wirtschaftsprogramm.

Emmanuel Macron: Retter Europas? – Einige nennen ihn den »französischen Kennedy«. Der 39-jährige Emmanuel Macron tritt bei der Präsidentenwahl als Parteiloser an. Der frühere Wirtschaftsminister und Investmentbanker hat dabei Großes vor: Er will die Parteienlandschaft seines Landes umpflügen und der Rechtspopulistin Marine Le Pen Paroli bieten. Umfragen trauen ihm zu, Le Pen im entscheidenden zweiten Wahlgang am 7. Mai klar zu schlagen. Der frühere Jesuitenschüler profitiert dabei von der Schwäche vieler Kontrahenten. Macron, der schon vor langer Zeit sein Parteibuch bei den Sozialisten abgab, positioniert sich »weder rechts noch links«. Er tritt mit seiner Bewegung »En Marche!« offen für Europa und damit auch für eine enge Partnerschaft mit Deutschland ein. Damit ist er in der Kandidatenrunde eher die Ausnahme. »Ich habe Europa im Herzen«, lautet einer seiner Wahlsprüche.

Der hochbegabte und ehrgeizige Kandidat war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie. Da das Misstrauen gegen die Finanzbranche im Land ganz tief sitzt, muss er sich immer wieder rechtfertigen. Macron ist seit 2007 mit der mehr als 20 Jahre älteren Brigitte Trogneux verheiratet, die früher seine Lehrerin im nordfranzösischen Amiens war.

Jean-Luc Mélenchon: Linker Volkstribun und Deutschland-Kritiker – Er ist der linke Lautsprecher der französischen Politik. »Wenn ihr diese drei wählt, werdet ihr Blut spucken«, warnt Jean-Luc Mélenchon mit Blick auf seine drei härtesten Konkurrenten bei der Präsidentenwahl. Allerdings poltert der hochtalentierte Redner bewusst weniger als früher, um ein breiteres Wählerspektrum zu erreichen. Mit Schlagfertigkeit und radikal linken Positionen ist der 65-Jährige im Schlussspurt des Wahlkampfs in den Kreis der Favoriten aufgerückt. Der Franzose wurde 1951 im marokkanischen Tanger geboren, damals eine internationale Zone, und kam mit elf Jahren nach Frankreich. Er studierte Philosophie und arbeitete als Lehrer, bevor er in die Politik ging. Mélenchon ist geschieden und hat eine Tochter. In den 1970er Jahren trat er der Sozialistischen Partei (PS) bei. Mélenchon saß lange im Senat und war 2000 bis 2002 beigeordneter Minister für Berufsbildung. Beim Referendum über die EU-Verfassung 2005 war er ein Wortführer der französischen Ablehnung. Drei Jahre später brach er mit der PS und gründete eine linke Konkurrenz. Mélenchon machte immer wieder Schlagzeilen mit harter Kritik an Deutschland. So rechnete er in einem Buch »Der Bismarck-Hering« über »das deutsche Gift« mit Berlins Politik in der Euro-Krise ab. 2012 erreichte der Europaabgeordnete bei der Präsidentenwahl elf Prozent. Diesmal profitiert er auch von der Schwäche des sozialistischen Kandidaten Benoît Hamon.



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