Was haben Nancys Pelosis Zähne mit dem Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump zu tun? Eigentlich gar nichts. Doch der Präsident benutzt eine Mundbewegung der Speakerin in einem Interview für eine persönliche Attacke via Twitter. Auf die Frage, warum Trump nicht auch wegen Bestechlichkeit angeklagt werde, sei Pelosi nichts eingefallen, »weil ihr die Zähne aus dem Mund gefallen sind«.
Beides stimmt nicht, zeigt aber, wie der Präsident versucht, eine historische Abstimmung am Mittwoch im Repräsentantenhaus zu trivialisieren. Sollte der Termin nicht noch kurzfristig verschoben werden, gilt es als sicher, dass Trump als dritter Präsident der USA »impeached« wird. Dass er damit neben Andrew Johnson 1868 und Bill Clinton 1999 in die Geschichtsbücher eingeht, empfindet der Narzisst im Weißen Haus nach Ansicht von Analysten als Makel, nicht aber als politische Bedrohung. Braucht er auch nicht, nach den jüngsten Entwicklungen im Senat, dessen 100 Mitglieder im kommenden Jahr als Geschworene über ihn zu Gericht sitzen. Dort haben die Republikaner eine Mehrheit, die sie nutzen wollen, den Präsidenten zu schützen. Senatsführer Mitch McConnell prophezeite einen Freispruch in seiner Kammer. Er plane einen kurzen Prozess und arbeite »in totaler Koordination« mit dem Weißen Haus.
Amerikaner gespalten
Einen Schritt weiter ging der Vorsitzende des Justizausschusses im Senat, Lindsey Graham, der auf CNN zugab, »nicht die Absicht zu haben, ein fairer Geschworener zu sein«. Er werde alles tun, die Angelegenheit »schnell sterben zu lassen«. Sein Kollege Rand Paul sagte voraus, die Republikaner würden Trump als geschlossener Block freisprechen. Die Demokraten hätten das Impeachment nur vorgebracht, weil sie »entschieden haben, Trumps Politik zu kriminalisieren«. Die Republikaner sind damit voll auf die Linie des Präsidenten eingeschwenkt, der trotz überwältigender Beweislage in der Ukraine-Affäre von einer »Hexenjagd« gegen ihn spricht. Die Frustration bei den Demokraten ist mit Händen zu greifen. Adam Schiff, der die Impeachment-Anhörungen im Repräsentantenhaus leitete, meint, Trumps Vergehen seien viel gravierender als Nixons, der dem Impeachment mit seinem Rücktritt zuvor- kam. Die Republikaner stellten Parteilichkeit über das Wohl der Nation. Ein Verbleib des Präsidenten im Amt »setzt uns schweren Risiken aus«.
Der Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, forderte in einem Brief an Senatsführer McConnell, einen ordentlichen Prozess mit der Vernehmung zusätzlicher Zeugen wie Außenminister Mike Pompeo, Stabschef Mick Mulvaney und den ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater John Bolton. Die Demokraten hatten ihrerseits darauf verzichtet, Gerichtsentscheidungen über die Vorladung der Zeugen abzuwarten.
Der Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Jerold Nadler, beschwerte sich darüber, dass die Republikaner im Senat ihren Eid als »unabhängige Geschworene« verletzten, den sie zu Beginn des Impeachment-Prozesses ablegen müssen, wenn sie jetzt schon Partei beziehen. Dass sich Senatsführer McConnell eng mit dem Weißen Haus abstimme, sei so, »als ob der Führer der Geschworenen ankündigt, eng mit der Verteidigung zusammenzuarbeiten«.
Eine neue Umfrage des trumpnahen Senders Fox News bestätigt die weitgehend unveränderte Haltung der Amerikaner zu dem Impeachment-Verfahren. Demnach sprechen sich 50 Prozent für die Amtsenthebung aus. Vier Prozent sind für das Impeachment, wollen den Präsidenten aber nicht entfernen. 41 Prozent lehnen das gesamte Verfahren ab.