Trainer Kai Wandschneider hat mit der HSG Wetzlar in seinen zehn Bundesliga-Jahren eine weitere Serie beendet. Das 29:27 am Donnerstag über die Europapokal-geschlauchten Füchse Berlin (»Unsere Vorbelastung war höher als die von Wetzlar«, hatte Füchse-Coach Jaron Siewert gesagt) war der erste Heimsieg über die Hauptstädter unter der Regie des scheidenden Chefcoaches seit dessen Amtsantritt vor neun Jahren.
Als die Mittelhessen am 4. November 2009 in der Rittal-Arena die Berliner mit 27:26 bezwungen hatten, saß noch Michael Roth als Trainer auf der Bank, waren Rainer Dotzauer und Axel Geerken die Manager, spielten Timo Salzer, Daniel Valo und Giorgios Chalkidis für die Grün-Weißen um Erstliga-Punkte.
Der kleine Abstecher in die Geschichte unterstreicht die Bedeutung des Erfolges vom Donnerstag, der die HSG vorerst auf Rang sieben der Tabelle manövriert und sogar nach Europa schielen lässt. Was wäre das für ein Abschiedsgeschenk des beliebten Trainers an die mittelhessischen Handball-Anhänger!
Platz sechs reicht
Unmöglich wäre diese Variante nicht, da der deutsche Handball mit dem THW Kiel und der SG Flensburg/Handewitt noch zwei heiße Eisen im Champions League-Wettbewerb hat und zudem mit den Rhein-Neckar Löwen, den Füchsen Berlin und dem SC Magdeburg drei Erstligisten gute EHF-Cup-Chancen haben. Wie in vielen Spielzeiten zuvor, würde am Ende der Saison höchstwahrscheinlich also Rang sechs (inkl. DHB-Pokal-Platz) die Europapokal-Qualifikation gewährleisten. Diesen belegen aktuell mit nur noch einem reellen Punkt Vorsprung die Füchse Berlin.
Wetzlars Kreisläufer Anton Lindskog sprach nach dem zwölften Saisonsieg von einer »fantastischen Deckungs- und Torwartleistung in der ersten Halbzeit«, Trainer Kai Wandschneider zudem »von starkem Umschalten, geduldigen und zweikampfstarken Positionsangriff« sowie einem Rückraum-Linken Lenny Rubin, »der auch mental immer stärker wird«.
Imponierendes Spiel
Gegen die aller Champions-League-Illusionen beraubten, personell hochklassig besetzten Berliner (Nationalspieler Fabian Wiede: »Wir haben es nicht geschafft, uns richtig reinzuhauen«) holte die HSG selbst ohne die verletzten Olle Forsell Schefvert und Alexander Feld das Optimum aus ihren Möglichkeiten. Imponierend vor allem die spielerische Klasse, mit der der Monster-Innenblock der Füchse mit den Zwei-Meter- und 100-Kilo-Kolossen Jakov Gojun, Marko Kopljar und Mijajlo Marsenic immer wieder umgangen wurde. Imponierend auch die Abwehrarbeit, die die technisch starken Fabian Wiede, Jacob Holm und Marian Michalczik nicht zur Entfaltung kommen ließ. Und dann war das eben noch Rubin, der nicht nur aus der Distanz traf, sondern mutig in die Eins-gegen-eins-Duelle ging und dort permanent unter Bedrängnis und Stress die richtigen Entscheidungen zur Spielfortsetzung traf.
Die HSG Wetzlar hat wiederholt bewiesen, dass dort, wo Mannschaft drauf steht, auch eine Mannschaft drin ist und beglückt damit weiter ihre Fans, ihren Trainer und die Liga. Für die beiden nächsten Auswärtspiele bei TSV Hannover-Burgdorf (Donnerstag) und bei der HSG Nordhorn-Lingen (Sonntag) rechnet Trainer Wandschneider zumindest mit der Rückkehr von Feld.