31. Juli 2021, 07:00 Uhr

Arbeit beim Fußball-Bundesligisten

Mehr als nur irgendein Job: Was zwei Ex-Mitarbeiter dieser Zeitung nun bei Eintracht Frankfurt machen

Eintracht Frankfurt legte zuletzt immer wieder beeindruckende Auftritte hin. Mitten drin sind mit Jan Martin Strasheim und Michael Wiener zwei ehemalige Mitarbeiter dieser Zeitung.
31. Juli 2021, 07:00 Uhr
Jan Martin Strasheim sagt über seine Zeit im Verlag dieser Zeitung: »Ich habe gelernt, wie sauberer Journalismus funktioniert.« (Foto: Nici Merz)

Bei Eintracht Frankfurt ist in den vergangenen Jahren viel passiert: der DFB-Pokalsieg 2018, der Europa-League-Ritt bis ins Halbfinale 2019 und viele aufsehenerregende Spiele auf internationalem und nationalem Parkett. Dazu kamen spektakuläre Transfers auf und neben dem Platz, zuletzt mit der Verpflichtung von Trainer Oliver Glasner und Sportvorstand Markus Krösche. Immer mit dabei sind Jan Martin Strasheim, Bereichsleiter Medien und Kommunikation, und Michael Wiener, der als Redakteur in seinem Team für die Publikationen verantwortlich ist. Beim Treffen in einer der Logen des Deutsche-Bank-Parks sprechen die ehemaligen Mitarbeiter dieser Zeitung über…

…ihren Seitenwechsel: 2013/14 arbeitete Strasheim parallel als Freier Mitarbeiter dieser Zeitung und als Redakteur für Eintracht TV - ein Übergang. Sein Vorteil in der Rückschau: »Ich habe sehr viel von der Arbeit in der Sportredaktion mitgenommen. Ich habe gelernt, wie sauberer Journalismus funktioniert. Dafür bin ich sehr dankbar. Heute hat man nicht mehr überall das Gefühl, dass Sauberkeit vor Schnelligkeit als oberste Prämisse noch gilt«, sagt er. »Was mir vor allem geholfen hat, war zu verstehen, wie Journalisten ticken oder welchen Druck sie haben. Das war die perfekte Schule für meine jetzige Aufgabe.« Insgesamt habe er sich vom Fan zum journalistischen Begleiter und schließlich zum Teil des Eintracht-Teams entwickelt, das in den vergangenen Jahren dank »der Weitsichtigkeit in der Klubführung« etwas habe aufbauen dürfen - ein »großes Privileg und eine große Verantwortung«. Wiener, der bereits sein Volontariat in der Sportredaktion dieser Zeitung absolviert hat, spricht ebenfalls in den höchsten Tönen von seiner zehnjährigen Firmenzugehörigkeit. »Ich habe gelernt, wie Sportjournalismus funktioniert, auch wenn wir heute natürlich auch PR-Arbeit betreiben«, sagt er. »Die Spätdienste bei der Zeitung waren eine harte, aber sehr lehrreiche Schule. Das Bundesliga-Geschäft ist so schnelllebig, dass man damit umgehen können muss.« Den Aufschwung in den vergangenen viereinhalb Jahren miterlebt zu haben, sei »mega spannend« gewesen, auch »wenn der Wetterauer B-Liga-Fußball immer seinen Reiz hatte«.

…Herzblut und Leidenschaft: »Ich bin seit fast 30 Jahren mit diesem Klub verbunden. Das hilft natürlich ungemein, weil man viele Dinge leichter nachvollziehen und verstehen kann. Und klar ist auch, dass man die Tätigkeit nicht als bloße Arbeit empfindet«, sagt Strasheim. Aus diesem Grund habe er auch seinen ehemaligen Kollegen ins Boot geholt, einen Menschen, so Strasheim, der in Sachen Arbeitszeit aufgrund seiner redaktionellen Vorgeschichte flexibel sei, unter Druck arbeiten könne, gleichzeitig aber auch Qualität abliefere. »Wer im Profisport arbeiten möchte, muss eine enorme Bereitschaft zur Flexibilität mitbringen«, sagt Strasheim. »Wir sind ein recht junges und dynamisches Team und man spürt, wie viel Spaß die Kolleginnen und Kollegen an der Entwicklung haben und wie sehr sich alle mit Eintracht Frankfurt identifizieren.«

…Fußball-Klubs als Medienunternehmen: Der Trend bei der Größe der Medienabteilungen deutscher Fußballklubs zeigt seit Jahren ein starkes Wachstum - auch in Frankfurt. »Der Klub erzeugt eine immer größere Nachfrage bei Partnern, bei Journalisten, beim Umfeld, aber natürlich in allererster Linie bei den Menschen, die sich für die Eintracht interessieren - das ist mehr als nur ein Fußballverein«, sagt Strasheim. »Dieser Entwicklung wollen wir versuchen, gerecht zu werden.« Ein Grund ist aber auch die Entwicklung der Medienlandschaft, erklärt Strasheim: »Früher konnte man die Eintracht vor allem über die Zeitung, das Radio und an den Wochenenden über das Fernsehen wahrnehmen - teilweise zeitversetzt. Als die Eintracht in den 1990ern im Uefa-Cup in La Coruna spätabends gespielt hat und ich als Schüler früh ins Bett musste, habe ich das Ergebnis morgens aus der Zeitung erfahren. Diese Zeiten sind vorbei. Mittlerweile leben wir im Live-Zeitalter und können die Fans in Echtzeit mitnehmen.« Die Medien seien aber dennoch ein wichtiges Regulativ, weil sie neutraler und kritischer an die Sache herangingen, auch wenn die Eintracht ihre Zielgruppen mit den Kerninformationen selbst schneller erreiche.« Trotz der Entwicklung im digitalen Bereich gebe es noch Raum für klassische Produkte wie dem Printmagazin. »Es ist ein ergänzendes Angebot, zu dem, was wir jeden Tag machen«, sagt Wiener. »Letztlich gehört alles zusammen.«

…den Vergleich zu anderen Sportarten: »Der Fußball ist Mediensport Nummer eins. Er ist unangefochten, was Reichweiten und Zuschauerzahlen angeht«, sagt Strasheim. Diesen Hype hätten andere Sportarten in dieser Form nicht. Umso wichtiger sei es, die eigene Position zu schätzen zu wissen und verantwortungsvoll mit ihr umzugehen. »Aus eigener Erfahrung wissen wir sehr genau, welch starken Job die Macher der HSG Wetzlar, der Gießen 46ers, des TV 05/07 Hüttenberg oder des EC Bad Nauheim gerade in Corona-Zeiten machen, um alles am Laufen zu halten und ihre Botschaften an die Fans zu bringen«, sagt Strasheim. »Das ist nicht einfach. Es wird für alle sehr wichtig sein, schnellstmöglich wieder eine größere Anzahl an Menschen in die Stadien und Hallen zu bekommen.«

…Emotionalität: 1993 war Strasheim zum ersten Mal im Waldstadion, seit 2000 ist er Mitglied bei der Eintracht - auch deshalb kann er die Emotionalität der Eintracht-Fans nachvollziehen. Auch für Wiener macht die Verbundenheit der Fans mit ihrem Klub und die Leidenschaft für den Sport den Reiz seines Berufes aus: »Ein ganz normaler Job wäre für mich nichts gewesen«, sagt Wiener. »Wer, wie ich, hier aus der Region kommt, für den ist das Ziel des erstens Stadionbesuchs klar - Frankfurt.«

…Authentizität: Als Journalisten waren Strasheim und Wiener immer auf der Suche nach authentischen Zitaten, Interviews, Geschichten. Nun müssen sie im Tagesgeschäft etliche Pressetermine pro Woche alleine aus vertraglichen Gründen besetzen - und möchten dabei natürlich nur das beste Bild des Klubs vermitteln. »Es ist ein schmaler Grat«, sagt Strasheim darauf angesprochen. »Natürlich möchten wir auf der einen Seite authentische Interviews mit Menschen, die sich ehrlich ausdrücken, aber nach einem Spiel mit Emotionen muss man immer auch aufpassen, sich nicht zu sehr zu vergaloppieren, zumal wir in einer Zeit leben, in der viele Dinge auf die Goldwaage gelegt werden«, sagt Strasheim. Er beobachtet im Vergleich zu früheren Jahren außerdem ein verändertes Verhalten der Medien - gerade online. Dort würden oftmals plakative Überschriften gemacht, ohne dass die Inhalte dazu passten, damit der Artikel möglichst oft angeklickt wird. Strasheim: »Die Entwicklung in der Medienlandschaft ist nicht nur in der Sportberichterstattung spannend zu verfolgen. Es verändert sich viel und oftmals ist die Medienkompetenz des Konsumenten gefordert, um Inhalte richtig deuten und einordnen zu können. Durch Themen wie Clickbaiting und die Schnelligkeit der Verbreitung falscher Informationen im Netz sind neue Komponenten hinzugekommen.«

…die Arbeitsbelastung: »Es ist schon sportlich«, sagt Strasheim mit Blick auf einen »normalen« Saisonverlauf in bis zu drei Wettbewerben. Wiener berichtet: »Ich glaube, ich war 2019 alleine 40 Tage international unterwegs - in der Europa League, aber auch mit Terminen in Abu Dhabi oder New York. Der Verein wird immer größer, es gibt ja nicht nur den Profifußball im Herrenbereich, sondern wir sind auf so vielen Feldern mit unseren Tochterfirmen tätig, weshalb es immer etwas zu tun gibt.«

…Ruhepausen: »Ausflüge mit den Kindern«, antwortet Wiener. »Zeit mit der Familie zu verbringen in den freien Tagen oder Stunden ist meine Nummer eins. Ansonsten mache ich Sport, um körperlich aber auch geistig fit zu bleiben«, erzählt der zweifache Familienvater, der in Friedberg wohnt. »Dem kann ich mich anschließen«, sagt Strasheim, der mit Frau und Kind in Gambach zu Hause ist. »Die Familie ist das Wichtigste und zudem helfen Sport und Freunde dabei einen guten Ausgleich zu schaffen.« Für beide ist aber eines besonders wichtig: »Die Arbeit muss Spaß machen.«



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