26. Januar 2021, 07:00 Uhr

EC Bad Nauheim

EC Bad Nauheim: Neben der Spur

Der EC Bad Nauheim wird in der Tabelle durchgereichet und erntet Kritik. Bei den Roten Teufeln werden nun taktische und personelle Lösungen gesucht.
26. Januar 2021, 07:00 Uhr
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Von Michael Nickolaus
Nachdenklich: Andreas Pauli und der EC Bad Nauheim müssen nach nur zwei Siegen aus den letzten zehn Partien rasch wieder in die Erfolgsspur finden. FOTO: CHUC

Der sportliche Tiefpunkt der Saison 2020/21 ist erreicht. Das Adjektiv »vorläufig« möchte man momentan sicherlich ergänzen. Mit null Punkten und 14 Gegentoren gegen Weißwasser und Crimmitschau, wohl eher Mittelmaß-Mannschaften in der Deutschen Eishockey-Liga 2, hat sich der EC Bad Nauheim nach dreiwöchiger Wettkampfpause zurückgemeldet und damit an die Ergebniskrise aus dem Dezember 2020 angeknüpft. Nur zwei der letzten zehn Spiele haben die Roten Teufel für sich entscheiden können. »Die Situation ist schwierig. Das war uns schon vor dem Wochenende bewusst. Jetzt gilt es, Lösungen zu finden. Das betrifft die Trainer und die Arbeit auf dem Eis ebenso wie mich bei der Suche nach Unterstützung im Bereich Personal«, sagt der Sportliche Leiter Matthias Baldys.

Derzeit knirscht’s bei den Roten Teufel hinten wie vorne. Durchschnittlich 3,95 Gegentore kassiert die Mannschaft; mehr als jede andere in der DEL 2. Bewusst wurde als Reaktion auf die Partie am Freitag in Weißwasser dann am Sonntag gegen Crimmitschau in der Defensive den vier erfahrenen Verteidigern mehr Eiszeit und damit auch Verantwortung übertragen - die Maßnahme verpuffte allerdings. Individuelle Fehler in allen Mannschaftsteilen summierten sich mit fehlenden Automatismen und entsprechend mangelnder Handlungsschnelligkeit nach der Wettkampfpause. Die Folge: Felix Bick hatte bekam im Heimspiel 44 Schüsse auf sein Tor - kein anderer Torwart der DEL2 hat durchschnittlich so viel zu tun, was die aktuell größte Baustelle der Hessen aufzeigt.

Ruhe nach außen

In der Offensive gilt es derweil den Ausfall von Marc El-Sayed zu kompensieren. Der Kapitän steht aufgrund einer Herzmuskelentzündung in den kommenden drei Monaten, voraussichtlich also bis zum Saisonende, nicht zur Verfügung. »Das ist ein riesiger Verlust für uns. In der Kabine und auf dem Eis«, sagt Hannu Järvenpää, der Trainer. Am Wochenende ist zunächst Nicolas Cornett auf die Centerposition der dritten Reihe gerückt. »Er ist willig, nimmt seine Aufgabe ernst und hat Potenzial. Er muss sein Spiel einfach halten«, sagt sein Coach. Kein Geheimnis aber: Der EC Bad Nauheim wird sich um eine externen Ersatz bemühen. »Wir halten die Augen immer offen. In den letzten Wochen hat sich aber nicht ergeben«, sagt Andreas Ortwein, der Geschäftsführer. Er demonstriert nach außen hin gewohntermaßen Ruhe; »weil ich die Entwicklungen und Aufgabenstellung der vergangenen drei Wochen genau einzuordnen weiß. Die Situation ist sicher außergewöhnlich.«

In Bad Nauheim ist man mit vergleichbaren sportlichen Krisen-Wochen durchaus vertraut. In den Spielzeiten 2013/14 (ein Sieg aus zehn Spielen) und 2016/17 (zwei Siege aus 15) folgte zum Abschluss der Hauptrunde in den Playdowns der Kampf um den Klassenerhalt. Ein Jahr später, nach zwischenzeitlich zwei Siegen aus zehn Partien, erreichten die Roten Teufel noch die Playoffs; Ex-Nationalspieler Marcel Brandt sei Dank.

Kritikfähig

Der Kritik an der Personal-Politik (Abhängigkeit von DEL-Kooperationspartner Köln, fehlende Vertragsverlängerung mit Verteidiger Mike Card, stattdessen Verpflichtung von Stürmer Noureddine Bettahar) ist sich Mathias Baldys bewusst. »Vor zwei Monaten wurde die Zusammenarbeit mit dem DEL-Klub in den höchsten Tönen gelobt. Da kann man doch jetzt nicht alles schlechtreden.« Simon Gynp, Maxi Glötzl und Jan Luca Sennhenn waren in den sommerlichen Gesprächen mit dem Rheinland-Klub als Verteidiger acht, neun und zehn im DEl-Kader eingeplant. »Dass sie uns auf Grund verschiedener Entwicklungen aktuell nicht zur Verfügung stehen, war nicht abzusehen.« Zumindest mit einem etablierten Förderlizenz-Verteidiger aus Köln wird in dieser Woche in gerechnet, zudem hofft man auf das Comeback von Kontingentspieler Mark Richardson, was die Situation in der Defensive etwas entspannen würde. Mike Card, dessen Vertrag Anfang Januar nicht verlängert worden war, hat inzwischen in Ravensburg unterschrieben. Ob man ihn hätte halten sollten? Nach Informationen unserer Redaktion hatte dem Verteidiger ein Angebot der Oberschwaben bereits zum Jahreswechsel vorgelegen. »Zu einer Vertragsverlängerung gehören immer zwei. Und zum damaligen Zeitpunkt hatte sich die personelle Situation in der Verteidigung auch anders dargestellt«, sagt Baldys. Aber: Auch mit Card hatten die Roten Teufel hohe Dezember-Niederlagen kassiert.

Kritik muss sich in diesen Tagen auch Hannu Järvenpää stellen. Der Coach räumt Fehlverhalten in der Schlägerkontrolle vor dem eigenen Tor und im Backchecking ein, so dass die Abwehr mit hoher Geschwindigkeit aus der neutralen Zone immer wieder überlaufen wurde (»Das müssen und werden wir besser machen«), verteidigt aber spielerische Lösungen im eigenen Verteidigungsdrittel, trotz qualititiver Einbußen im Personalbestand. »Keinem ist verboten, den Puck auch mal rauszuschießen. Aber das war nicht Auslöser der Gegentore.« Hier seinen andere Faktoren ursächlich. Ausreden lehnt Järvenpää ab. »Jetzt ist nicht die Zeit zum jammern. Ja, wir laufen derzeit neben der Spur. Aber ich bin überzeugt, dass wir wieder zurückkommen werden, wenn sich der Kader wieder füllt.« Zum Einstieg in zwei englische Wochen geht’s am Freitag nach Ravensburg.



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