Seine Begeisterung für den Motorsport hält bis heute an, das merkt man alleine, wie Peter Seher darüber spricht: »Ein Auto wirklich zu beherrschen und es in der Kurve an die Grenze zu bewegen, das hat mich schon immer fasziniert.« Auch wenn er heute - zu seinem 65. Geburtstag - Helm und Rennanzug längst an den Nagel gehängt hat, so kann er doch auf eine lange Karriere zurückblicken, die ihn 2006, im Alter von 50 Jahren, sogar zum Klassensieg in der VLN Langstreckenmeisterschaft auf dem Nürburgring geführt hat.
Schon als Kind sei er »heiß geworden« auf Motorsport. Sein Vater Richard Seher, damals Mitglied des MSC Friedberg, habe ihn schon als Teenager mitgenommen, als er als Streckenposten bei einer Nacht-Orientierungsfahrt am Ortseingang von Schwalheim Posten bezogen hatte. »Das war sagenhaft. Erst mussten wir lange warten, aber dann kamen die Geräusche immer näher, die Autos mit voller Beleuchtung um die Ecke. Das ist in mir drin geblieben. Ab da wollte ich das auch machen«, erzählt Peter Seher heute.
Nach dem »18.« geht es los
Gesagt, getan: An seinem 18. Geburtstag wird der Führerschein geholt, am nächsten Wochenende mit dem besten Freund Ulf Berlinghoff im väterlichen Geburtstagsgeschenk, einem VW Käfer, die erste Orientierungsfahrt absolviert. »Da brauchte man keine Lizenz oder irgendetwas. Man hat sich einfach angemeldet und ist dann auf öffentlichen Straßen ohne große Absperrungen knackig geheizt. Das wäre heute alles undenkbar, aber irgendwo mussten wir ja anfangen«, sagt Seher beim Blick zurück. Einziger Nachteil: »Der Käfer war jeden Montag in der Werkstatt«, erzählt Seher mit einem Lachen.
Ab Mitte der 1970er Jahre folgt der nächste Schritt: Kartsport. Seher bringt es bis zu den Europameisterschaften 1983 - auch dank der Unterstützung seines Vaters, der 1946 das Unternehmen »Reifen Seher« gegründet hatte, und mithilfe etlicher Freunde, die halfen, am Gefährt von Seher junior zu schrauben. »Da gab es ständig Berührungen, viele kleine Fights, das war schon cool«, sagt Seher über seine Erlebnisse auf der Rennstrecke. Hier erlebt er auch seinen wohl schwersten Unfall: Sein Kart überschlägt sich, er fängt es mit einem Arm ab, die Schulter ist bis heute lädiert - steht auf, biegt das Blech zurecht und macht weiter. »Motorsport ist kein Kinderspielplatz. Bei solchen Geschwindigkeiten gehören Verletzungen und früher auch Todesfälle dazu - auch wenn es natürlich nicht schön ist«, sagt Seher, gibt aber zu: »Das muss man schon auch verkraften. Ich habe im Laufe der Jahre viele gute Fahrer kommen, nach einem Unfall aber nicht zurückkommen sehen. Bei mir war es zum Glück nie richtig schlimm.«
Seine großen Vorbilder sind damals wie heute die Motorsportlegenden früherer Jahre: der ehemalige Formel-1-Rekordweltmeister Juan Manuel Fangio aus Argentinien oder Rallye-Legende Walter Röhrl, bis heute einziger deutscher Weltmeister. »Das waren Künstler mit unglaublichen Fähigkeiten. Daneben gab es Leute wie mich, die sich gewisse Dinge angeeignet haben - aber natürlich trotzdem Spaß dabei hatten«, sagt Seher.
Doch neben dem Spaß kommt für den Wetterauer auch der Erfolg: In den 2000er Jahren wird er Fahrer im Team des Butzbachers Rainer Dörr, noch heute Inhaber von Dörr Motorsport. Anfangs in einem BMW 318i, später im BMW M 3 nehmen sie gemeinsam mit dem Butzbacher Gerhard Leffers, dem Gründer von Leo’s Jeans, an Langstreckenrennen auf dem Nürburgring teil. Seher wechselt schließlich als Fahrer und Sponsor zum nordrhein-westfälischen Motorsport-Team von Conny Hoffmann - und feiert seinen größten Erfolg. Gegen jede Vorhersage und eine deutlich besser motorisierte Konkurrenz gewinnen Seher und Co. mit einem BMW M 3 mit Serienmotor 2006 die Langstreckenmeisterschaft auf dem berühmt-berüchtigten »Ring« in der Klasse SP 5 (bis 3 Liter Hubraum). Das Erfolgsgeheimnis: »Wir waren zwar motorisch unterlegen, aber fahrerisch und technisch besser«, sagt Seher. »Das schafft man nicht, wenn man nicht Auto fahren kann. Da war ich richtig stolz.« Zur Siegerehrung gratulierte sogar der BMW-Teamchef, der selbst ein aussichtsreiches Auto in die Serie geschickt hatte.
Angebote zur Rückkehr abgelehnt
»Wenn ich heute über den Nürburgring laufe, treffe ich schon noch viele Leute«, sagt Seher, der es sich nicht nehmen lässt, ab und an ein Rennen zu besuchen oder selbst ein paar Runden zu drehen. Für das vergangene Jahr habe er sogar noch das Angebot, einen Audi R 8 zu pilotieren. »Aber das hätte keinen Sinn mehr, das ist inzwischen alles ausgeufert. Da ist nichts mehr mit Selberschrauben«, sagt Seher über den immer professioneller werdenden Rennzirkus.
Beim Blick durch seine alten Fotoalben, über seine Pokale und Medaillen, die in seinem Bad Nauheimer Firmensitz noch heute einen Ehrenplatz haben, sagt Seher: »Es war eine schöne Zeit und es ist schön, sich daran zu erinnern. Gerade die Wochenenden waren schon immer etwas Spezielles, aber es war eben auch immer eine Drucksituation, die Stoppuhr lief immer mit. Dabei wollte ich eigentlich immer nur fahren.«
Ohne Sport geht es für den Jubilar aber auch heute nicht. Fahrradfahren - egal ob mit Mountainbike oder Rennrad - sowie Wandern - für September ist eine Alpenüberquerung geplant - stehen heute auf dem Programm. Und natürlich regelmäßige Stadionbesuche beim EC Bad Nauheim: »Da bin ich großer Fan, Eishockey ist meine Leidenschaft«, sagt der gebürtige Friedberger. Der Familienvater hat inzwischen zwei erwachsene Kinder sowie einen Enkel und zwei »Bonus-Enkel« aus einer früheren Beziehung eines Schwiegerkindes, die ihm zu seinem Ehrentag gratulieren werden.
Eins steht fest: Langeweile gibt es in Peter Sehers Leben nicht: Nach dem Verkauf des Familienbetriebs 2005, den er 1983 von seinem Vater übernommen und auf 17 Niederlassungen zwischen Gießen und Mannheim sowie Hanau und Wiesbaden weiter ausgebaut hatte, verwaltet er heute noch den Immobilienbesitz. »Wir haben genug zu tun, aber ich fühle mich super und die Arbeit belastet mich auch nicht«, sagt Seher, der aktuell ein Bauprojekt auf Mallorca betreut, wo er in Zukunft mehr Zeit auf seiner Olivenplantage verbringen will.