06. Mai 2021, 21:28 Uhr

Training mit gebremstem Schaum

Pferdeliebhaber in Mittelhessen müssen noch auf den ersehnten Saisonstart warten. Die Pandemie wirft auch dieses Jahr viele Turnierplanungen über den Haufen. Engagierte Vereinsvertreter lassen sich dennoch nicht entmutigen. Ein Ausblick.
06. Mai 2021, 21:28 Uhr
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Von Petra Pickenhahn
Christian Dahl

Corona macht auch in diesem Jahr dem Reitsport zu schaffen. Der Vorsitzende des Bezirksreiterbundes Oberhessen Mitte (BRB), Christian Dahl, beklagt den verschobenen Saisonstart: »Die Lust an einem Turnier vergeht, wenn man nur hinkommt, startet und wieder nach Hause fährt. Gleichgesinnte treffen, fachsimpeln und den Sport live erleben, das ist es doch, warum man als Pferdebegeisterter im Sommer jedes Wochenende an einem anderen Turnierort verbringt.«

Gleich zu Jahresbeginn musste der Verband einen schweren Schlag einstecken. Die Nachricht vom Tod des langjährigen Reitsportförderers und engagierten Springreiters Udo Weimer, der den Folgen einer Covid-19-Erkrankung erlag, erschütterte die Vereinswelt. »Wir verlieren einen unersetzlichen Pferdemann«, ist im Nachruf des BRB zu lesen.

Für die Klubs der Region sei auch 2021 die Ausrichtung von Turnieren ohne Zuschauer problematisch, erklärt Dahl. »Wenn kein Publikum zusieht, ist ein Turnier für Sponsoren wenig attraktiv.« Außerdem hätten viele potenzielle Werbetreibende zurzeit andere Sorgen. Gastronomie und Handel kämpften mit den Schließungen. »Dieses Jahr wird nicht so laufen, wie wir es uns wünschen. Ich schätze, wir müssen eher den Herbst ins Auge fassen«, sagt Dahl.

Auch Betriebe mit Schulpferden ächzen unter den Regularien. Im ersten Lockdown sei die Politik mit dem Unterbinden von Reitunterricht übers Ziel hinausgeschossen. Aerosolforscher hätten eindeutig gezeigt, dass Reithallen wegen ihrer Belüftung und des daher geringen Risikos einer Virusübertragung nicht mit anderen Sportstätten vergleichbar seien. Dahl: »Die Orte, wo es eine höhere Ansteckungsgefahr gibt, sind Reiterstübchen, Sattelkammer und die Stallgasse.« Doch die Vereine hätten sich sehr diszipliniert verhalten. »Die kritischen Bereiche sind entweder komplett gesperrt oder unterliegen strengen Auflagen. Der Landesverband hat uns gegenüber der Politik sehr unterstützt.«

In Hessen darf im Gegensatz zu manchen anderen Bundesländern Training und das Bewegen von Pferden in der Halle stattfinden. Einzelunterricht ist möglich. »Wir agieren hier aber mit äußerster Vorsicht und gebremstem Schaum«, sagt Dahl. Er habe die Erfahrung gemacht, dass viele politische Entscheider nur wenig über Pferde, deren Bedürfnisse und das Reiten wüssten. »Deshalb müssen wir in Kontakt bleiben mit der Öffentlichkeit und immer wieder erklären, was uns am Herzen liegt.«

Gibt es bereits Betriebe, die erwägen, Schulpferde zu verkaufen oder dies schon getan haben? »Nein«, schmunzelt Dahl, »unsere pferdeverrückten Mittelhessen warten nur darauf, dass es endlich wieder losgeht. Gerade der reiterliche Nachwuchs, für den eine solide Ausbildung auf erfahrenen Schulpferden wichtig ist, kann sich da auf uns verlassen.« Schließlich müssen die Vierbeiner auch während der Pandemie bewegt und umsorgt werden. Die Sportpartner sind nun einmal Lebewesen, die man nicht ein- und ausschalten kann.

Auch ein Mitgliederschwund ist nicht zu verzeichnen. »Wir werben natürlich weiterhin für das Reiten und erwarten eher einen Aufschwung nach dem Ende der Beschränkungen.« Viele Menschen haben in dieser Zeit erfahren, wie wichtig sozialer Austausch und Bewegung im Freien sind. Wenn dann noch die emotionale Bindung zum Pferd dazukommt, haben die Reitvereine nichts zu befürchten.

Dahl schaut trotz aller Unwägbarkeiten optimistisch in die Zukunft. Die Saison im Turniersport werde zwar ähnlich verlaufen wie die letzte, »aber mit den Impfungen geht es voran, man sieht die Erfolge. Vielleicht ist es jetzt nur noch eine Frage von Wochen, bis sich die Situation entspannt«. FOTO: PIC



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