Der zweite Lockdown setzt dem heimischen Fußball mächtig zu. Lediglich in Kleingruppen ist ein Trainingsangebot durch die Vereine möglich, sofern es die Auflagen zulassen. Dominik Wagner sieht dies als Chance, die Position der Torhüter durch ein gezieltes Trainingsangebot mehr als bisher in den Fokus der Vereinsverantwortlichen zu bringen.
»Die Pandemie trifft viele Leute, um deren Existenzen es geht, viel härter als den Amateursport. Dennoch geht es im Moment auch um den Fortbestand unserer heimischen Sportvereine. Ich habe das Glück, dass ich trotz oder besser gesagt, aufgrund der aktuellen Auflagen quasi ein Personal-Torwarttraining anbieten kann«, sagt Dominik Wagner.
Der 32-Jährige kommt aus einer fußballbegeisterten Familie und hat die Liebe zu seinem Sport von Vater Gerhard Wagner und dessen Brüdern in die Wiege gelegt bekommen. Seine ganze Jugend und das erste Seniorenjahr hatte er bei seinem Heimatverein TSV Allendorf/Lahn gespielt. »Ich habe durchaus erfolgreich als Stürmer begonnen, ehe in der D-Jugend meine Karriere als Torwart ihren Anfang nahm. Ich hatte öfter die Möglichkeit zum VfB 1900 Gießen oder der TSG Wieseck zu wechseln, doch als Dorfkind wollte ich bei meinen Freunden bleiben«, berichtet Wagner. Als wichtigste Förderer nennt er Steffen Binz (»Er war selbst Torwart und hat mich in den letzten Jugendjahren und bei meinem Start im Aktivenbereich begleitet«), Ottmar Wagner (»Von ihm habe ich viel mitgenommen«) und Gino Parson (»Er war für meine Persönlichkeit und meine Führungsqualitäten wichtig, denn er hat mich immer wieder gefordert, lautstark am Spiel teilzunehmen«). Den größten Einfluss hatte aber Ex-Profi Jörg Kässmann (Borussia Mönchengladbach, Roda Kerkrade, VfB 1900 Gießen, SC Waldgirmes). »Unter seiner Anleitung habe ich gemerkt, wie wichtig ein qualitativ hochwertiges und von erfahrenen Torhütern durchgeführtes Torwarttraining ist. Wer weiß, wohin es mich verschlagen hätte, wenn ich unter ihm bereits in der Jugend regelmäßig professionell trainiert hätte«, sinniert Wagner. Für den Polizeibeamten sind Talent und harte Arbeit für das Erreichen der Ziele unabdingbar. »Man kann weniger Talent mit harter Arbeit wettmachen, aber ohne Arbeit wird es auch das größte Talent nicht schaffen«, sagt Wagner.
Aus eigener Erfahrung weiß der Allendorfer, dass Torhüter ganz spezielle Typen sind. »Wir sind ein wichtiger Teil des Teams, aber am Ende auch oft auf uns allein gestellt. Es gibt niemanden, der für uns einen Fehler ausbaden kann. Es ist daher wichtig, dass man eine starke Persönlichkeit entwickelt, denn es ist ganz normal, dass durch eigene Fehler Tore passieren oder sogar Spiele verloren werden. Aber es ist schön, wenn man mit eigenen Aktionen Spiele retten oder gewinnen kann«, so Wagner.
Diese Erfahrungen an Torhüter im Aktiven- und Jugendbereich weiterzugeben, hat sich der 32-Jährige auf seine Fahnen geschrieben. »Es ist schön, wenn man sieht, dass seine Gedanken und Maßnahmen zum Erfolg bei anderen führt und Dinge, die man trainiert, umgesetzt werden. Die spezielle Ausbildung von Torhütern ist essenziell, denn er bekleidet eine der wichtigsten Positionen auf dem Platz. Es ist unverständlich, dass auf das Torwarttraining oft so wenig Wert gelegt wird«, mahnt Wagner. Seit dem letzten Jahr ist der Eintracht-Fan neben dem Torwarttrainer-Schein und der Fitnesstrainer-C-Lizenz auch im Besitz der Trainer-B-Lizenz. »Bei meiner Arbeit als Co- und Torwarttrainer (u.a. unter Oliver Dönges beim Verbandsligisten SG Kinzenbach - Anm. d. Red.) möchte ich mir von den alten Hasen möglichst viel abschauen, um später irgendwann mal eine Mannschaft als Cheftrainer zu übernehmen«, erklärt Wagner.
Wenn es die Pandemie zulässt, dann steht für ihn zunächst beim DFB der Torwarttrainer-Leistungskurs auf dem Programm, der für die Arbeit ab der Regionalliga und in den Nachwuchsleistungszentren der Profis gerne gesehen wird.
»Ab der D-Jugend kann man durchaus spezieller trainieren, während vorher der Spaß und die Positionsfindung im Vordergrund stehen sollte. Eine frühzeitige Förderung von Talenten ist sinnvoll, sollte aber stets differenziert betrachtet werden. Wann man den Schritt zu einem höherklassigen Verein wagen sollte, hängt vom jeweiligen Entwicklungsstand ab. Gerade auf der Position eines Torhüters ist es das A und O, dass man Spielpraxis sammeln kann. Diese Frage sollte bei einem möglichen Vereinswechsel immer ganz oben stehen«, meint Wagner.
Aktuell betreut Dominik Wagner neun Torhüter im Bereich der Senioren in Verbands- und Gruppenliga sowie der C- bis A-Junioren. »Es gibt aber immer wieder direkte Anfragen von Torhütern anderer Vereine, sogar Profis, die gerne mit mir trainieren möchten. Dies bestärkt mich in meiner Arbeit und macht mich auch etwas stolz«, sagt Wagner, der unterschiedliche Trainingsansätze im Aktiven- und Jugendbereich für wichtig hält. »Bei den Nachwuchstorhütern lege ich viel Wert auf eine technisch saubere Ausführung und erkläre viel, wieso gewisse Dinge wie gemacht werden sollen. Die Keeper sollen gute Bewegungsabläufe haben, Situationen erkennen und verstehen sowie ein Spielverständnis aufbauen. Dabei muss man als Trainer wissen, welche motorischen und kognitiven Fähigkeiten Kinder und Jugendliche in welchem Alter gerade entwickeln. Entsprechend sollte das Training angepasst werden. Im Seniorenbereich lege ich neben der Technik erhöhten Wert auf spezielle Fitness und Athletik. Hier kann man schnell gute Fortschritte erzielen«, erläutert Wagner.
Trotz seines Trainerengagements denkt der 32-Jährige noch nicht an ein Laufbahnende. »Als Torwart kann man meist ein paar Jahre länger auf hohem Niveau spielen. Dies ist - sofern die Gesundheit mitspielt - mein Ziel«, so Wagner, der auf eine lange Laufbahn zurückblicken kann. So stand er neben seinem Heimatverein TSV Allendorf/Lahn auch für den TSV Großen-Linden, die TSG Wieseck, den SC Teutonia Watzenborn-Steinberg, den FSV Fernwald und die SG Kinzenbach zwischen den Pfosten. »Schlechte Gedanken und Erfahrungen habe ich glücklicherweise sehr wenige sammeln müssen - meist, wenn man nicht als Nummer eins aufgestellt wurde. Diese Momente waren meist von Unverständnis und Verärgerung über den Trainer geprägt, aber im Nachhinein mit Abstand und selbst mit den Augen eines Trainers sehe ich dies entspannter. Aus diesen Situationen bin ich meist gestärkter hervorgegangen, so dass ich auch etwas Positives daraus ziehen konnte«, gibt Wagner anderen Torhütern mit auf den Weg.
Sein schönstes Jahr sei das erste Jahr in Wieseck gewesen, als er als Teil einer sehr jungen Mannschaft als Aufsteiger mit seinem Team eine Top-Platzierung in der Verbandsliga Mitte erreicht hatte. »Hier herrschte ein unglaublicher Zusammenhalt, aus dem sich viele Freundschaften entwickelt haben. Sportlich waren die Hessenliga-Aufstiege mit dem SC Teutonia Watzenborn-Steinberg und dem FSV Fernwald, mit dem ich drei Aufstiege innerhalb von vier Jahren feiern durfte, die Highlights. Leider habe ich bislang kein Spiel in der Hessenliga bestreiten können, da es zeitlich nicht mit meinem Beruf vereinbar war«, hat der Polizeibeamte durchaus noch sportliche Träume und Ziele.
Auch die Ellenbogenverletzung, die den Keeper im letzten Jahr lange außer Gefecht gesetzt hatte, muss erst vollständig auskuriert sein, um dann nochmals selbst auf dem Platz zwischen den Pfosten stehen zu können. An erster Stelle steht bei Dominik Wagner, der im Januar zum zweiten Male Vater geworden ist, aber derzeit die Familie. »Ohne ihre Unterstützung hätte ich dieses Hobby in diesem Umfange niemals betreiben können«, gibt er zu bedenken. Und vielleicht geht die Geschichte der fußballbegeisterten Wagner-Familie weiter.