Knapp 6500 Zuschauer werden zum Saisonstart des Jubiläumsmeisters Eisbären Berlin in die Halle strömen, mehr als 9000 Besucher können tags drauf in Köln die Haie sehen: Die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) öffnet nach der Corona-Geisterspielzeit wieder ihre Tore. »Wir wollen alle zurück zur Normalität«, sagt Kölns Kapitän Moritz Müller: »Eishockey ohne Fans macht keinen Sinn.«
Ganz normal ist es aber noch nicht wieder, wenn am Donnerstag (19.30 Uhr/Sport1) die Eisbären, der 100. deutsche Eishockey-Meister, in einer nur knapp zur Hälfte gefüllten Arena gegen Ex-Champion Red Bull München die Mission Titelverteidigung beginnen. »Wir sind sicherlich noch lange nicht da, wo wir vor der Pandemie waren«, betont DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke. Vor Corona steuerte die Liga auf einen Gesamtumsatz von 150 Millionen Euro zu. Dann brachen erst 20 Millionen wegen der abgesagten Playoffs 2019 weg, in der verkürzten vergangenen Saison ohne Zuschauer schrumpften die Umsätze auf insgesamt 84 Millionen. Dank 20 Millionen Euro Staatshilfe, Gehaltsverzichte der Spieler und zusätzlicher Finanzspritzen der Klubeigner kam die Liga »mit einem blauen Auge« davon. Jetzt hoffen die Klubs, die 100-Millionen-Marke wieder zu überspringen. Das ist ein erster Schritt, der noch vor einer Woche fraglich schien. Bayern wartete lange damit, seinen DEL-Klubs grünes Licht für die Rückkehr der Fans zu geben. Jetzt darf der ERC Ingolstadt (4800) - wie Aufsteiger Bietigheim Steelers (4500) in Baden-Württemberg - seine Halle sogar komplett füllen. Bei den meisten anderen ist mindestens die Hälfte erlaubt, nur Wolfsburg darf nicht einmal ein Drittel (1350) einlassen.
Gespielt wird wieder in der gewohnten Doppelrunde - nach dem Aufstieg von Bietigheim sogar mit 15 Klubs. Spielausfälle vermeiden soll die hohe Impfquote. Laut Tripcke sind »mehr als 90 Prozent der Spieler und Betreuer geimpft«. Getestet werden während der Saison - anders als im Fußball - nur noch die Umgeimpften.
Sollte die vierte Corona-Welle noch einmal Zuschauerverbote nach sich ziehen, macht sich Tripcke »weniger Sorgen als in der letzten Saison«. Denn bei der Lizenzprüfung mussten die Klubs ohne Zuschauereinnahmen planen, neue Spielerverträge seien »deutlich niedriger dotiert« und enthielten »Klauseln, die zuschauerabhängig sind«.
Dennoch investierten einige Klubs, als gäbe es kein Corona. Die »angepissten« Topfavoriten, wie Ingolstadts Trainer Doug Shedden München und die Adler Mannheim nannte, rüsteten nach dem Aus im Viertel- bzw. Halbfinale auf. Der langjährige NHL-Verteidiger Korbinian Holzer kehrte nach elf Jahren in die DEL zurück - nach Mannheim, dorthin wechselten auch die Nationalspieler Lean Bergmann und Tim Wohlgemuth. München schnappte sich unter anderem Adler-Kapitän Ben Smith und DEB-Stürmer Frederik Tiffels.
Und die Versuchung wird noch zunehmen, denn erstmals seit 2006 muss wieder ein Klub absteigen - mindestens. Sollte der einzige offizielle DEL-Bewerber Löwen Frankfurt Zweitligameister werden, müssten gar zwei Mannschaften runter.