12. September 2021, 22:23 Uhr

Fußball in England Fußball

Spektakel in Leverkusen

12. September 2021, 22:23 Uhr
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Von SID
Glückliche Dortmunder: Erling Haaland (l.) bejubelt den 4:3-Siegtreffer mit Jude Bellingham, der einen von einem wütenden Bayer-Fan geworfenen Bierbecher fängt. Danach schüttet er sich den Rest des Getränks ins Gesicht. FOTO: DPA

Marco Rose freute sich auf »reichlich Geschenke« zu seinem 45. Geburtstag, ein Abendessen mit seiner Tochter und »vielleicht ein Kaltgetränk« mit seinem Assistenten und WG-Partner Alexander Zickler. Doch vollkommen unbeschwert konnte sich der Trainer von Borussia Dortmund nach dem dritten Sieg im vierten Bundesligaspiel nicht auf den Heimweg machen.

»Wir kassieren zu viele Gegentore«, sagte Rose nach dem spektakulären 4:3 (1:2) des BVB bei Bayer Leverkusen: »Wir fahren glücklich nach Hause, ja. Wir wissen aber auch, dass wir über ein paar Dinge zu reden haben.« 13-Mal hat der BVB an den ersten vier Spieltagen getroffen - Liga-Bestwert gemeinsam mit Meister Bayern München. Gegen Bayer schlug Tormaschine Erling Haaland (37./77., Foulelfmeter) doppelt zu, außerdem trafen der Ex-Leverkusener Julian Brandt (49.) und Raphael Guerreiro (71.) jeweils spektakulär.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Dortmund bereits neun Gegentore hinnehmen musste. Rose lobte zwar »die offensive Qualität und Mentalität« seiner Spieler, die nach dreimaligem Rückstand noch gewannen. Der Trainer betont aber auch gebetsmühlenartig, sich die Kräfte möglichst einzuteilen. So früh in der Saison ist die Belastung noch recht gering, nun aber stehen vermehrt englische Wochen an. Am Mittwoch geht es zum Auftakt der Champions-League-Gruppenphase zu Besiktas Istanbul (18.45 Uhr), neben drei Punkten steht auch die defensive Stabilität im Fokus.

Natürlich war Leverkusen ein Gegner, der seinerseits über reichlich Offensivpower verfügt. Besonders beim 0:1 durch Florian Wirtz (9.) und beim 1:2 durch Patrik Schick (45.+1) wurde Bayer vom BVB aber förmlich zum Toreschießen eingeladen. Auch der dritte Bayer-Treffer durch Moussa Diaby (55.) hätte durch frühes Klären verhindert werden können.

Heraus kam so vor 17 605 Zuschauern in der BayArena allerdings ein Spiel, das »keinen Verlierer verdient hatte«, wie Brandt und auch der Leverkusener Robert Andrich feststellten. Selbst der erstmals in seiner Amtszeit geschlagene Werkself-Trainer Gerardo Seoane sprach von »Werbung für den Fußball«: Wegen solcher Spiele »wollen Kinder Fußballer werden.«

Deutlich stabiler steht der Spitzenreiter unter Trainer Mark van Bommel. Der einstige Bayern-Kapitän hat bei seinem Comeback als Trainer in Deutschland mit dem VfL Wolfsburg den besten Saisonstart in 25 Erstligajahren hingelegt. Vier Spiele, zwölf Punkte, 6:1 Tore - auch beim 2:0 (1:0) beim weiter sieglosen Aufsteiger SpVgg Greuther Fürth konnte »Big Bommel« wieder jubeln. Der einstige Heißsporn verfolgte die 90 Minuten überwiegend ganz ruhig am Spielfeldrand stehend. Obwohl es bis zur Nachspielzeit dauerte, ehe Wout Weghorst mit einem verwandelten Foulelfmeter nach dem frühen 1:0 von Lukas Nmecha (10.) den nächsten Sieg fix machte, verlor van Bommel kaum seinen Ruhepuls. Der Wolfsburger Van-Bommel-Fußball basiert nicht auf Spektakel und Kunst, sondern auf stabiler, hocheffizienter Teamarbeit. Bislang klappt das prima.

Der Start war holprig, doch jetzt nehmen die Traditionsklubs in der so stark besetzten 2. Fußball-Bundesliga Fahrt auf. Der FC Schalke 04, Werder Bremen und der Hamburger SV feierten am sechsten Spieltag allesamt Siege und pirschten sich an die begehrten Aufstiegsplätze heran. Auch Fortuna Düsseldorf und Hannover 96 gewannen, arbeiteten sich aus dem Keller und schauen wieder nach oben. Tabellenführer bleibt nach dem 2:2 gegen den 1. FC Nürnberg aber weiter das Überraschungsteam von Jahn Regensburg (13 Punkte).

Hinter dem SC Paderborn (11), der 0:1 gegen Schalke verlor, folgt schon punktgleich Bremen, das eine Woche vor dem Nord-Duell gegen den HSV mit 3:0 beim FC Ingolstadt gewann. Einen Zähler dahinter rangiert punktgleich mit Nürnberg auf Rang sieben Mitabsteiger Schalke. Der HSV ist nach dem späten, aber umso erlösenderen 2:1-Heimsieg gegen den SV Sandhausen mit einem weiteren Punkt Rückstand Neunter. Düsseldorf nach dem 1:0 bei Erzgebirge Aue und Hannover nach dem 1:0 gegen den bisherigen Tabellendritten FC St. Pauli belegen mit sieben Zählern die Plätze 12 und 14. Rang zwei ist aber nur noch vier Punkte entfernt.

Schalkes Matchwinner war wieder einmal Simon Terodde, der die Torschützenliste mit sieben Treffern anführt. »Er muss nicht im Spiel sein, er hat auch kein Interesse daran. Du kannst ihn 85 Minuten ausschalten, aber da kannst du dir nichts für kaufen«, sagte Paderborns Abwehr-Routinier Uwe Hünemeier frustriert. Schalkes Trainer Dimitrios Grammozis sah nach einem »sehr hochklassigen Spiel einen irgendwo verdienten Sieg. Wir mussten hart kämpfen, aber die Einstellung der Jungs war topp.« Beim HSV ist nach dem ersten Sieg seit sieben Wochen erst mal der Druck vom Kessel. Der Siegtreffer durch Moritz Heyer in der sechsten Minute der Nachspielzeit vor 19 950 Zuschauern könnte zudem als Initialzündung dienen. »Überragend. Was die Zuschauer hier abgeliefert haben, war ’ne Sensation«, schwärmte Trainer Tim Walter.

Bei Werder hieß der umjubelte Mann Mitchell Weiser. Der frühere Bayern-Profi, auf den letzten Drücker aus Leverkusen ausgeliehen, war in Ingolstadt gleich einer der besten. »Es ist sehr schön, dass wir gewonnen haben und ich ein Tor schießen konnte«, sagte Weiser.

Unterdessen hat der SV Darmstadt 98 nach drei ungeschlagenen Spielen erstmals wieder verloren. Die Lilien unterlagen am Sonntag beim FC Hansa Rostock mit 1:2 (0:1). »Wir hatten heute keinen Spieler dabei, der eine normale Form aufweisen konnte«, sagte Trainer Torsten Lieberknecht nach dem Rückschlag. John Verhoek (19.) und Lukas Fröde (86.) erzielten vor 14 000 Zuschauern im Ostseestadion die Tore für die Mecklenburger. Tobias Kempe (66./Foulelfmeter) traf für die Gäste zum zwischenzeitlichen 1:1.

Das Comeback von Cristiano Ronaldo bei Manchester United war schon fast zu kitschig. Zwei Treffer steuerte der Fußball-Superstar zum 4:1-Heimsieg gegen Newcastle United bei, das ehrwürdige Old Trafford bebte wie schon lange nicht mehr.

Der 36-Jährige warf sich nach dem triumphalen Comeback vor Zehntausenden Fans in Pose. Dank des fünfmaligen Weltfußballers, der nach zwölf Jahren bei Real Madrid und Juventus Turin wieder zu United zurückgekehrt ist, blühen die Titelträume der Fans. »Wir gehen den Weg vor uns mit Selbstvertrauen und Optimismus, dass wir am Ende alle zusammen feiern«, schrieb der Portugiese nach dem Traum-Einstand und der eroberten Tabellenführung bei Instagram (alle Ergebnisse in »Aktuelles in Zahlen«).

Die DFB-Interimsspitze hat eine deutlich ablehnende Haltung des Deutschen Fußball-Bundes in der WM-Frage angekündigt. »Ich persönliche habe eine sehr klare ablehnende Position«, sagte Rainer Koch am Sonntag, und er gehe davon aus, dass seine Haltung im Präsidium »gewiss nicht das Alleinstellungsmerkmal« sein werde. Der 62-Jährige führt den Verband derzeit gemeinsam mit Peter Peters, der sich ähnlich äußerte.

»Für mich ist klar, dass der deutsche Fußball sich an der Seite der UEFA und des UEFA-Präsidenten deutlich dagegen aussprechen wird, formal muss es aber noch am Freitag beschlossen und besprochen werden«, sagte Peters dem »Kicker« mit Blick auf die anstehende Präsidiumssitzung des DFB. Koch sagte: »Wir haben uns zeitlich so verabredet, und bei diesem Vorgehen bleiben wir auch, wir haben das Thema auf der Agenda, werden den Punkt besprechen und uns dann äußern.«

Bislang hatte sich der Verband offiziell eher zurückhaltend zur Idee der FIFA geäußert, die Fußball-WM künftig im Zweijahresrhythmus auszurichten - zumindest im Vergleich zur harschen Kritik von Trainern und Klub-Verantwortlichen aus der Bundesliga.

Mit dem ersten Doppelpack seiner Karriere hat Suat Serdar Hertha BSC vor einem totalen Fehlstart in der Fußball-Bundesliga bewahrt. Der Neuzugang führte die effektiven Berliner zum 3:1 (2:0) beim Aufsteiger VfL Bochum und sicherte ihnen im vierten Spiel den ersten Sieg und die ersten Punkte.

Der Ex-Schalker, für geschätzte acht Millionen Euro verpflichtet, traf vor 14 000 Zuschauern im Ruhrstadion zunächst nach einem Solo (37.), dann profitierte er von einem Abwehrfehler (43.). »Ich bin froh, dass wir die ersten drei Punkte geholt haben«, sagte der Doppelpacker bei DAZN.

Der 24-Jährige, der im September 2020 das letzte seiner vier Länderspiele bestritten hatte, beruhigte damit fast im Alleingang die aufgeregte Stimmung beim hochambitionierten Hauptstadtklub. Trainer Pal Dardai war entsprechend »stolz auf die Mannschaft, wir waren effektiv, das war sehr wichtig für das Selbstbewusstsein.« Simon Zoller gelang der Bochumer Anschlusstreffer (59.), der eingewechselte Myziane Maolida (78.) antwortete.

Die offensiv ausgerichteten Bochumer vergaben vor dem dritten Hertha-Treffer gute Chancen auf den Ausgleich und enttäuschten keineswegs.



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