30. August 2021, 22:15 Uhr

Mit Flick volle Kraft voraus

Hansi Flick sorgt in der Nationalmannschaft für Aufbruchstimmung, die Führungsspieler hat der neue Bundestrainer mit seinem Feuer bereits angesteckt.
30. August 2021, 22:15 Uhr
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Von SID
Hansi Flick (M.) leitet sein erstes Training als Bundestrainer und beobachtet Leroy Sané (l.) und Ilkay Gündogan. FOTO: DPA

Der Neustart in der Nationalmannschaft wurde Manuel Neuer bei der Ankunft noch mal schlagartig bewusst. »Es war schon irgendwie komisch, ihn hier nicht mehr anzutreffen«, sagte der Torhüter über Joachim Löw. Das wehmütige Gefühl hielt sich aber in Grenzen, denn den alten und neuen Kapitän begrüßte am Sonntag im Stuttgarter Waldhotel »kein unbekanntes Gesicht«: Hansi Flick.

Der neue Bundestrainer und Löw-Nachfolger brennt auf die ersten Trainingstage (»Bin heiß drauf«), er will bei seinem Einstand mit dem Dreierpack in der WM-Qualifikation eine Aufbruchstimmung erzeugen. Die Führungsspieler hat Flick mit seinem Feuer schon angesteckt. Er spüre eine »gewisse Euphorie«, verriet Thomas Müller, und Neuer formulierte ein angesichts der letzten Turnier-Pleiten überraschend ambitioniertes Ziel: »Ich möchte mit der Mannschaft möglichst Weltmeister werden.« In Katar 2022.

Davor steht aber die Qualifikation, und die ist angesichts von aktuell Platz drei in der Gruppe J keine Selbstverständlichkeit. Drei Siege in den Duellen gegen die Außenseiter Liechtenstein am Donnerstag, Armenien (5. September) und Island (8. September) sind daher fast schon Pflicht, doch Flick erwartet mehr: »Ich will Leben auf dem Platz sehen.« Die Spieler haben verstanden.

Man wolle als Mannschaft »immer aktiv, sehr hungrig, immer siegeswillig« sein, versprach Neuer: »Wir wissen, dass wir ein bisschen was gutzumachen haben.«

Als Vorbild gelten intern die Italiener, die mit viel Herz und Leidenschaft den Topfavoriten den EM-Titel weggeschnappt hatten. »Ganz ehrlich: Es hat Spaß gemacht, den Italienern zuzuschauen«, gab Neuer zu: »So muss es bei uns auch werden, sie haben es uns vorgemacht.«

Dafür aber bedarf es einiger Änderungen. Flick beendet schon bei seiner Premiere in St. Gallen gegen Liechtenstein das gescheiterte Löw-Experiment mit der Dreier-Abwehrkette und stellt auf das 4-2-3-1-System um, mit dem er schon beim FC Bayern große Erfolge gefeiert hatte. Joshua Kimmich rückt von rechts wieder auf die »Sechs« und übernimmt nach dem Rücktritt von Toni Kroos noch mehr Chef-Aufgaben.

Die Neulinge Karim Adeyemi, David Raum und Nico Schlotterbeck sollen für frischen Wind sorgen. Ausnahmetalent Jamal Musiala, bei dem Bayern-Trainer Julian Nagelsmann einen Ball-»Magneten« an den Füßen ausgemacht hat, könnte sogar Sorgenkind Leroy Sané aus der Startelf verdrängen. Flick ließ Sané trotz des schwachen Saisonstarts nicht fallen, doch auch vom 25-Jährigen will der Bundestrainer eine »All-in-Mentalität« sehen.

Neues Personal

Befeuert wird die Aufbruchstimmung auch durch das Trainerteam hinter Flick. Einzig Marcus Sorg ist von den engsten Löw-Vertrauten übrig geblieben. Flick holte seinen Bayern-Assistenten Danny Röhl ebenso dazu wie Andreas Kronenberg (SC Freiburg) als Nachfolger von Bundestorwarttrainer Andreas Köpke und Standard-Experte Mads Buttgereit. Röhl nannte »Tempo, Intensität und Aktivität« als Schwerpunkte für die ersten Einheiten. Schon zum Start am Nachmittag arbeitete Flick an den »Umschaltmomenten«, die er bei der EM als Manko ausgemacht hatte. Das gilt auch für die ruhenden Bälle, für die Buttgereit ankündigte: »Wir werden sehen, wie wir überraschen können.«

Doch die Hoffnungen ruhen vor allem auf Flick. Als er 2019 die damals taumelnden Bayern übernahm, gelang ihm auf Anhieb die Wende. Noch in seiner Premierensaison gewann er das Triple. Flick werde die DFB-Elf aus dem »tiefen Tal führen«, ist sich Uli Hoeneß sicher, weil er »ein Menschenversteher« sei. Und Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus meinte: »Wenn es der Hansi nicht schafft, dann schafft es keiner.«



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