Am Donnerstagnachmittag hatte Stadtrat Klaus Minkel (CDU) der Presse eine Rund-Mail gesandt und vor der am Abend im Rathaus stattfindenden Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HuF) für Spannung gesorgt. Minkel wollte mit der Mail »eine kleine Einstimmung auf aktuelle Entwicklungen« geben.
Aus dem Inhalt der Mail war unschwer herauszulesen, dass der Verkauf der Grundstücke im Dortelweiler Quellenpark unmittelbar bevorsteht. Auf der Tagesordnung der Ausschusssitzung stand aber nur das Wort »Grundstücksangelegenheit«. Als der neu gewählte Ausschussvorsitzende Edwin Lotz den Punkt aufrief, wurde die Öffentlichkeit allerdings ausgeschlossen. Begründung seitens des Magistrats: »Das Bieterverfahren läuft noch.«
Wie die gestrigen Recherchen der WZ ergaben, gibt es für die rund 50 000 Quadratmeter im begehrten Quellenpark zurzeit vier Bieter. Unter ihnen ist dem Vernehmen nach der Bad Homburger Investor Jörg-Peter Schultheis. Er möchte auf dem Gelände die Idee verwirklichen, mit modernen Medien und IT Arbeitsplätze zu schaffen und Unternehmensgründungen zu ermöglichen. Außerdem will er dort Wohnungen bauen.
Wie Schultheis gestern gegenüber der WZ sagte, habe er »ein attraktives Angebot« bei der Stadt abgegeben. Er glaube, »dass wir nicht schlecht im Rennen liegen«. Er wolle auf dem Gelände eine »Hightech-Stadt« nach dem Vorbild von vier asiatischen Städten errichten, nicht so sehr nach dem amerikanischen Silicon Valley. Das Konzept sehe moderne Dienstleister aus der IT-Branche vor, es könnten bis zu 6000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Zudem würden auch »digitale Wohnflächen« entstehen, die zumeist kleinen Wohnungen würden vernetzt, es gebe einen öffentlichen Treffpunkt, verriet der Unternehmer über seine Pläne. Er schätzt die Zahl der Wohnungen auf etwa 800.
Seines Wissens nach sei er der einzige Bieter, der gemeinsam Wohnen und Gewerbe auf dem Gelände realisieren wolle. Die anderen Bieter setzten lediglich auf Wohnungsbau. Er habe ein »in sich geschlossenes Konzept« präsentiert. Schultheis hält den Standort für modernes Gewerbe kombiniert mit Wohnen für geradezu ideal geeignet.
1000 Euro pro Quadratmeter
»Wenn wir den Zuschlag bekommen, würden wir im gewerblichen Bereich sofort mit dem Bauen anfangen«, sagt der Bad Homburger Investor. Denn das Geld für den Kauf der Grundstücke könne er bezahlen. »Die Stadt kann sicher sein: Wir zahlen noch dieses Jahr.«
Dabei würde es laut Stadtrat Minkel um nicht wenig Geld gehen: 1000 Euro pro Quadratmeter seien dort aufgerufen. Das würde der Stadt rund 50 Millionen Euro in die klamme Kasse spülen. Der immer noch unter der Aufsicht des Landrats stehende städtische Haushalt wäre entschuldet. Minkel schätzt sogar, dass »unter Umständen« sogar noch eine Anzahlung für die Kurhaussanierung übrig bleiben könnte.
Am Dienstag muss in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung, die um 18 Uhr im Kulturforum Dortelweil beginnt, eine Entscheidung fallen. In der Ausschreibung wird als Datum für den notariellen Kaufvertrag angeblich der 30. November genannt. Das bedeutet laut Schultheis, dass das Geschäft im Oktober protokolliert werden müsse.
Minkel: Alle Ziele erreicht
Entscheiden werden erst die Stadtverordneten. Den Ausschussmitgliedern wurde die Lage am Donnerstagabend bereits dargestellt, sie wurden aber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Beschlussempfehlung für Dienstag fiel nicht. Wie Minkel verriet, habe sich aus den über 200 angeschriebenen Interessenten für die Grundstücke im Quellenpark ein harter Kern von vier bis fünf Bietern herausgebildet. Zuvor hätten über 30 Interessenten ein Angebot abgegeben.
Wenn das Geschäft zustande kommt und sich die Stadtverordneten entscheiden, sieht Minkel viele seiner Aufgaben als erfüllt an. Als er am 1. September 2009 »städtischer Rentner« geworden sei, habe er sich nach 30 Jahren im Dienst der Stadt gesagt, dass ihm noch 15 Jahre zum Abschluss seiner Agenda fehlten. »Ich dachte damals an eine Halbtagsbeschäftigung. Es wurde sehr schnell eine Ganztagsbeschäftigung mit extremen Arbeitsspitzen. Dafür besteht die Chance, das Pensum bereits in zehn Jahren zu verwirklichen.« Neben Neuer Mitte und Stadtsanierung sowie Bau des Kombibades hat der ehrenamtlich arbeitende Stadtrat auch die Entschuldung des Haushalts als eines seiner Ziele definiert. Auch das könnte er in Kürze erreicht haben. Egal, für welches der vier Angebote sich das Bad Vilbeler Stadtparlament am Dienstag entscheidet: Auf jeden Fall kennt das sich anbahnende Millionengeschäft einen Sieger, die Stadt. Denn sie wird nach dem notariellen Verkauf von 50 000 Quadratmetern städtischem Quellenpark rund 50 Millionen Euro erlösen können. Federführend bei dem Geschäft: Der ehrenamtliche Stadtrat Klaus Minkel. Er hat etwa 200 potenzielle Investoren anschreiben lassen und die wertvollen Grundstücke zwischen B 3 und S-Bahn in Form eines Bieterwettbewerbs angepriesen. Immerhin 30 hatten ein konkretes Angebot abgegeben. Das und die 1000 Euro pro Quadratmeter Mischfläche von Wohnen und Gewerbe zeigen die Wertigkeit dieses Geschäfts. Minkel hat mit Geduld und Zähigkeit einen langen Atem bewiesen. Das könnte sich jetzt in barer Münze für die Stadt auszahlen.