26. Oktober 2021, 21:19 Uhr

Zu viel Licht schadet

26. Oktober 2021, 21:19 Uhr
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Aus der Redaktion
Folgen der Lichtverschmutzung: Links die Auswirkungen der dunklen Lichtfarbe im Vergleich zu der viel helleren rechts. FOTO: PM

Mücke (pm). Lichtverschmutzung ist eigentlich ein Begriff, der im Vogelsbergkreis eher nicht auftritt. Denn Stumpertenrod wurde als Standort für eine Sternwarte von Wetterauer Astronomen extra ausgewählt, weil eben die Lichtverschnutzung dort extrem gering ist. Als Belastung wurde sie unterdessen kürzlich in Mücke empfunden, nachdem die Firma Nordfrost bei Atzenhain ein großes Lager baute, dessen Außenfläche nachts ausgeleuchtet ist. Das hat bereits zu einer Diskussion und positiven Veränderungen der Firma geführt. Vor diesem Hintergrund boten die Mücker Grünen kürzlich zum Thema Lichtverschmutzung einen Informationsabend an.

Gestartet wurde mit einem sehr bekannten Nieder-Ohmener: Prof. Harald Lesch, bekannt aus vielen TV-Infofilmen, wies darauf hin, dass, neben der Beeinträchtigung der Astronomie, die zunehmende nächtliche Beleuchtung ein ernsthaftes Problem für die Artenvielfalt darstelle. Referentin des Abends Sabine Frank, die Lichtschutzbeauftragte des Landkreises Fulda, stellte die verschiedenen Aspekte des Themas umfassend dar. Dr. Udo Ornik, Sprecher des Ortverbands und Kreisverbands der Grünen, leitete ein: »Lichtverschmutzung ist ein sehr vernachlässigtes Thema, dem unbedingt auf allen politischen Ebenen mehr Aufmerksamkeit geschuldet werden muss.«

Dr. Ornik sagte zur Position der Lichtschutzbeauftragten des Landkreises Fulda, eine solche Stelle gebe es im Vogelsbergkreis nicht. Dass Lichtverschmutzung nicht länger vernachlässigt werden darf, trug dann Frank den gespannt lauschenden Zuhörern vor. Seit über einem Jahrzehnt hat demnach eine schleichende Entwicklung begonnen, die mit dem Ziel Energie zu sparen, sogenannte LED-Lampen eingeführt hat, ohne genau zu spezifizieren, wie diese Lampen zu betreiben sind. Dies hat, wie Frank mit Hilfe von zahlreichen Studien begründet, große Nachteile.

Straßenbeleuchtung schrittweise ändern

Zu viel Licht in der Nacht hat nach ihren Angaben nicht nur gesundheitliche Folgen für den Menschen, sondern auch für Tiere und Pflanzen, sagte die Lichtschutzbeauftragte. Der Lebensraum von Tieren und Pflanzen werde dadurch weiter eingeengt, Zugvögel verlören die Orientierung, die Artenvielfalt von dämmerungs- und nachtaktiven Tieren sei bedroht. Das Wachstum von Pflanzen und ihr an Jahreszeiten gebundener zeitlicher Bezug werde gestört, was unter anderem zu Frostschäden bei Pflanzen führen könne. Außerdem sei der Sternenhimmel, die Bestimmung einzelner Sterne, das Wahrnehmen eines Himmelszeltes mit zunehmender Lichtverschmutzung nicht mehr möglich. Gerade diesem Aspekt wurde von den als Gästen anwesenden Astronomen besondere Bedeutung zugesprochen. Die fehlenden Regelungen über den zeitlichen Umfang, die Beleuchtungsstärke und der nicht erlaubten Blendwirkung von Lichtquellen müssten dringend formuliert werden. In diesem Zusammenhang leiste unter anderem die Stadt Fulda Pionierarbeit. Die Mitgliedschaft in einem zukünftigen Sternenpark Rhön Vogelsberg setze voraus, dass bestimmte Standards bei der Beleuchtung eingehalten würden. Sollte Mücke sich anschließen wollen, müsse der Bürgermeister entsprechende maximale Lichtstärken festlegen. Das ist eine Möglichkeit, die der anwesende Bürgermeister Andreas Sommer versprach aufzugreifen.

Dr. Ornik verwies in diesem Zusammenhang auf erste positive Abstimmungen mit der Firma Nordfrost, die ihre Beleuchtung schon deutlich reduziert habe. Ein anwesender Vertreter der Firma Nordfrost wies darauf hin, dass man noch weiter optimieren könne. Dazu konnte er eine Reihe von fachkundigen Vorschlägen der Referentin mitnehmen.

Als sehr wichtige Maßnahme sah Frank, dass die extrem helle weiße Beleuchtung, die durch den Energiedienstleister OVAG flächendeckend in den Kommunen geschaffen worden sei, nach und nach durch mehrstufig dimmbare gelb/orange LEDs ersetzt werden solle. Licht, wo es nicht benötigt werde, solle ausgeschaltet werden. »Wichtig ist, dass die Lichtstrahlung zu Boden und nicht Richtung Himmel gerichtet ist oder Pflanzen angestrahlt werden«, sagte Frank. Beleuchtung am Haus oder im Garten könnten mit Bewegungsmeldern gesteuert werden.

Auch auf die Frage nach dem Sicherheitsbedürfnis und den Grenzen der Verkehrsicherungspflichten ging sie ein. Mittlerweille gebe es Kommunen, die in der Nacht ihre Straßenbeleuchtung völlig ausschalten und nur an kritischen Punkten Lichtquellen betreiben. Als Nebeneffekt wird dabei auch noch Energie gespart. Außerdem hat die Stadt Fulda als »Sternenstadt« durch die Umstellung der Beleuchtung einen erheblichen Zuspruch überregional und auch international erfahren.

Und noch einmal zum Grußwort von Prof. Lesch: Der hatte angeregt auch in Mücke darüber nachzudenken, ob es möglich sei, nach entsprechender Reduzierung der Beleuchtung, auf dem Kratzberg ein Observatorium zu errichten.



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