10. Mai 2021, 21:42 Uhr

Vertrag für modernen Vogelsberg

Elektro für die Vogelsbergbahn, eine Studie zum Grundwasserproblem und ein attraktives Umfeld für Städter, die in den Vogelsberg ziehen - Kreispolitik hat viele Facetten, wie das Arbeitsprogramm der neuen CDU/SPD-Koalition im Kreistag zeigt. Am Montag wurde das 36-Seiten-Werk unterzeichnet.
10. Mai 2021, 21:42 Uhr
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Von Joachim Legatis
Patrick Krug und Jens Mischak (vorne r.) präsentieren den Koalitionsvertrag von CDU und SPD, umrahmt von der Verhandlungsdelegation (v. l.): Susanne Schaab, Manfred Görig, Matthias Weitzel, Stephan Paule, Hans Heuser, Michael Ruhl und Birgit Richtberg. FOTO: JOL

Die politische Macht im Vogelsbergkreis verschiebt sich ein Stück in Richtung CDU. Am Montagabend unterschrieben die Spitzen von CDU und SPD den 36-seitigen Koalitionsvertrag für die nächsten fünf Jahre. Inhaltlich liegt ein Schwerpunkt auf Stärkung der Wirtschaft, auch um Familien aus dem Rhein-Main-Gebiet vom Leben und Arbeiten im ländlichen Raum zu überzeugen. Der Vertrag legt auch fest, dass SPD-Landrat Manfred Görig das Ressort Finanzen und Sport an den Ersten Kreisbeigeordneten Dr. Jens Mischak von der CDU abtritt.

Die Länge des Vertrags zeigt, wie detailliert die Ziele festgeschrieben werden. Darunter sind ein Ausbau der Vogelsbergbahn, eine Offensive zum Schutz des Grundwassers, Aufwertung des Ehrenamts, digitale Schulen, gute Gesundheitsversorgung und viel Wirtschaftsförderung, um ein paar Schlagworte zu nennen.

Erarbeitet haben den Vertrag zwei Mücker, Matthias Weitzel (SPD) und Dr. Hans Heuser (CDU). Weiter arbeiteten Patrick Krug, Landrat Manfred Görig, Susanne Schaab und Claudia Blum auf SPD-Seite mit, für die CDU brachten sich Dr. Jens Mischak, Stephan Paule, Dr. Birgit Richtberg und Michael Ruhl ein. Parteitage haben die Inhalte abgesegnet, am Montag folgte die Unterzeichnung im Posthotel Johannisberg in Lauterbach.

Der größere Partner ist eindeutig die CDU, die bei der Kommunalwahl vor sechs Wochen stärker abgeschnitten hat als die Sozialdemokraten. So war klar, dass Dr. Mischak die Begrüßung übernahm. Die Eckpunkte des Koa-Papiers stellten Sprecher beider Parteien im Wechsel vor. Mischak sieht Chancen für den Vogelsberg, weil mehr Menschen aus dem Ballungsraum in beengenden Corona-Zeiten die Vorzüge des Lebens auf dem Land entdecken. Ganz vorne im Vertrag steht das Kapitel zur Wirtschaft. »Ich bin froh, dass wir da keinen Dissens mit unserem Koalitionspartner haben«, freute sich Paule. Denn die Dinge, die man anpacken will, müssen bezahlt werden.

Dabei geht es um »nachhaltiges Wirtschaftswachstum« und um ein gutes Image, das sich in der Dachmarke »Vogelsberger Original« widerspiegelt. Im Vertrag wird darauf verwiesen, dass mehr Arbeitsplätze in den ländlichen Raum verlegt werden können, wie sich aktuell zeigt. Wichtig ist der Einsatz gegen Fachkräftemangel und für interkommunale Gewerbegebiete. Heuser erinnerte daran, dass die Kommunen mehr für Wirtschaftsförderung tun können. So ziehen Menschen aus dem Ballungsraum nach Mücke, es brauche mehr Bauplätze.

Einsatz für Ärzte

Krug ergänzte zum Bereich Schule und Bildung, dass alle Grundschulstandorte erhalten bleiben. Im Schulbauprogramm soll es eine Lösung für die betagte Gesamtschule Mücke geben. Sicherung der beruflichen Schulen wird ebenso genannt wie mehr Digitalisierung im Unterricht. Ganztagsbetreuung ist für junge Familien wichtig. Es wird wieder eine Sportkommission eingerichtet. Zur Unterstützung des Ehrenamts entsteht eine Stabsstelle. Konsens gibt es bei den strittigen Straßenbauvorhaben A 49 und B 254, der Umgehung Wartenberg und Lauterbach, Paule kündigte an, dass man ein kreisweites Radwegenetz anstrebt.

Krug fügte an, dass die Vogelsbergbahn aufgewertet werden soll. Ziele sind eine Elektrifizierung der Strecke und durchgehende Züge nach Frankfurt. »Die Vogelsbergbahn bietet auch die Möglichkeit, in den Vogelsberg zu gelangen«, meinte er augenzwinkernd. Geprüft wird, ob die Ohmtalbahn reaktiviert werden kann. Für Mitarbeiter der Kreisverwaltung gibt es künftig Jobtickets.

Der freiwillige Einsatz des Landkreises für gute gesundheitliche Versorgung soll weitergehen, wie Mischak ankündigte. So könnte das Modell des Medizinischen Versorgungszentrums auf Fachärzte oder Apotheken ausgedehnt werden. Ein Mammutprojekt wird der Neubau des Kreiskrankenhauses Alsfeld für rund 80 Millionen Euro. Alle Fraktionen im Kreistag werden über eine Kommission eingebunden. »Und wir brauchen eine gute personelle Ausstattung des Gesundheitsamts«, das zeige sich in Corona-Zeiten.

Bei der Hilfe für Jugendliche in schwierigen Lagen setzt man weiterhin auf die Sozialraumorientierung, bei der Jugendeinrichtungen jeweils für einen Teilbereich des Kreises zuständig sind und vorbeugende Arbeit leisten. Das soll auch die hohen Kosten in diesem Bereich begrenzen, jährlich fließen 23 bis 25 Millionen Euro in die Jugendhilfe.

Im Bereich Landwirtschaft geht es um Hilfen für konventionelle und ökologische Betriebe sowie um pragmatische Lösungen beim Wolf. Zudem müssen Vorbereitungen getroffen werden, um wieder ab 2022 in das LEADER-Förderprogramm der EU zu kommen.

Beim Grundwasserschutz haben sich die Koalitionäre darauf geeinigt, eine Studie in Auftrag zu geben. »Damit werden wir selbst aktiv und warten nicht nur auf das Land«, begründete Schaab.



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