Was sonst in einem Seminarraum über die Bühne geht, kann nun auch im Wohnzimmer gelernt werden. Feuerwehrleute aus zehn Städten und Gemeinden des Vogelsbergkreises sind Teil dieser Premiere. Sie absolvieren die 20 Unterrichtseinheiten des »Sprechfunkberechtigungslehrgangs« der Feuerwehrschule des Vogelsbergkreises online. Nur die praktische und schriftliche Prüfung muss als Präsenzveranstaltung erfolgen.
Vor der Kamera sind die Ausbilder Ralf Winter aus Mücke, Thorsten Dampf aus Ulrichstein, Carsten Naumann aus Schotten und Markus Weppler aus Schlitz aktiv. Sie schulen in den verschiedenen Lehrgangsschwerpunkten. Im Hintergrund sind außerdem Carsten Schmidt und Mathis Kruse aus Alsfeld, Björn Preuß von Brincken, Kreisbrandmeister aus Romrod, und Stefan Preuß, Kreisbrandmeister aus Mücke, tätig.
Online-Format gut für Flächenkreis
Für die Organisation und die Absprachen mit der Feuerwehragentur ist Hubert Helm, stellvertretender Kreisbrandinspektor, verantwortlich. Die Feuerwehragentur ist ein in Gießen-Klein-Linden angesiedeltes Unternehmen und tätig als Partner für freiwillige Feuerwehren, Berufsfeuerwehren, Aufsichten, Ministerien und Verbände, wenn es darum geht, die Feuerwehr zukunftsfähig aufzustellen. Dafür ist die Agentur in zahlreichen Projekten im ganzen Bundesgebiet tätig. Vorab hat sich Stefanie Nettbohl vom Amt für Gefahrenabwehr des Vogelsbergkreises, Sachgebiet Brand- und Katastrophenschutz, um die Unterlagen für die Teilnehmer gekümmert.
In einem Flächenkreis bietet das Online-Format einen besonderen Vorteil: Die langen Anfahrten fallen weg - von Zuhause aus können sich Seminarteilnehmer flexibel zuschalten. Außerdem können die Lehrgänge während der Corona-Pandemie durchgeführt und so kann Feuerwehrnachwuchs ausgebildet werden.
Die Erfahrungen sind bislang gut, das Fazit positiv: Neun Ausbilder des Vogelsbergkreises hatten im Vorfeld des Lehrgangs bei der Feuerwehragentur eine Ausbildung zu Online-Dozenten absolviert. Daher war die »Online-Premiere« keine allzu große Herausforderung mehr. Die Onlineausbildung soll die Präsenzausbildung in der Zukunft nicht ersetzen, gilt allerdings als eine sinnvolle Ergänzung und gute Alternative.
In normalen Jahren 30 bis 35 Lehrgänge
Der Sprechfunklehrgang ist in Bezug auf die Inhalte der hierfür am besten geeignete Lehrgang auf Kreisebene. Themen, bei denen eine praktische Unterweisung notwendig ist, eignen sich weniger. Zum Beispiel lässt sich das Setzen eines Standrohres beim Grundlehrgang nur schwer online schulen. Ansonsten sind viele theoretische Ausbildungsteile von Lehrgängen onlinefähig. Insgesamt gibt es in normalen Jahren im Landkreis 30 bis 35 Lehrgänge im Jahr. Davon sind für das laufende Jahr sieben Sprechfunklehrgänge mit jeweils bis 20 Teilnehmern geplant.
Der erste Onlinelehrgang wurde im Studio der Feuerwehragentur durchgeführt. Beim zweiten Lehrgang kann auf die Einrichtung der Feuerwehr Alsfeld zurückgegriffen werden.
Ausbildungsstau muss nicht sein
Weiterhin sollen in diesem Jahr auf Kreisebene Lehrgänge zur Grundausbildung, zum Maschinisten, Truppführer, zur Technischen Hilfeleistung Verkehrsunfall (TH-VU), für Träger von Atemschutzgeräten oder Chemikalienschutzanzüge sowie zu Persönlichkeit und Führungsverhalten stattfinden. Die maximale Teilnehmerzahl variiert nach Lehrgangsart von zehn bis 36 Teilnehmer. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich die Situation rund um die Corona-Pandemie entwickelt. Davon hängt ab, ob und wie Veranstaltungen stattfinden können.
Ausfälle bei Lehrgängen erzeugen einen Ausbildungsstau, weil der aktuelle Bedarf nicht gedeckt werden kann. Dieser ist nun in den kommenden Jahren abzuarbeiten. Von daher ist die Online-Ausbildung nicht nur während der Corona-Pandemie wichtig, sondern kann auch bei der Deckung zusätzlicher Bedarfe eine wichtige Rolle spielen.
Gibt es einen Nachwuchsengpass bei Funktionen, wenn die Schulungen nicht online gehen und wegen Corona auch nicht als Präsenzveranstaltung? Das kann für Führungskräfte relevant sein, da für Funktionsträger gewisse Lehrgänge als Voraussetzung gelten. Darunter befinden sich auch Lehrgänge, die nur an der Landesfeuerwehrschule angeboten werden. Wenn die vorgeschriebenen Ausbildungen für Führungskräfte nicht absolviert werden können, verschiebt sich gegebenenfalls die geplante Ablösung von aktuellen Funktionsträgern. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, fehlende Lehrgänge nachzuholen.
Einen besonderen Blick hatten die Ausbilder auf Technikprobleme. Beim ersten Onlinelehrgang gab es weniger Internetaussetzer als erwartet. Die Teilnehmer konnten durchweg an der Veranstaltung teilnehmen. Es kam zwar ab und an zu Abbrüchen der Verbindung. Diese waren aber hauptsächlich der verwendeten Hardware zuzuordnen.