Die Flüchtlingsdebatte in der Kreispolitik verschärft sich: In der jüngsten Sitzung des Kreistags kam ein Antrag von CDU und SPD einstimmig bei Enthaltung der AfD durch, in dem eine maßvolle Verteilung von Flüchtlingen im Kreis gefordert und Bürgerversammlungen zu neuen Unterkünften festgelegt werden. Ein Dammbruch war die Zustimmung von FDP und Freien Wählern zu einem Antrag der AfD, die Bürgerversammlungen vor Schaffung einer Unterkunft gefordert hat. In diese Richtung ging auch ein FDP-Antrag, der aber nur Stimmen aus FDP und AfD erhielt.
Wohlgemerkt, es ging nur um zwei Punkte der weitläufigen Füchtlingsdebatte. Zur Abstimmung standen der Zeitpunkt von Bürgerinformationen und das Schaffen von Unterkünften in kleinen Orten.
Den schließlich verabschiedeten Antrag von CDU und SPD begründete Matthias Weitzel (SPD) damit, dass man Unterkünfte auch in kleinen Orten einrichten kann. »Wir können nicht alles in Alsfeld und Lauterbach machen.« Eine Unterkunft in Ulrichstein könne nicht mit Hinweis auf fehlende Infrastruktur abgelehnt werden. Es gebe vor Ort Geschäfte und Lebensmittelmarkt sowie Geldautomaten. Per Bus ist die Stadt auf dem Berge gut erreichbar.
Damit nahm er Bezug auf die Forderung im FDP-Antrag, die Belegungszahl einer Unterkunft dürfe nur bei bis zu 10 Prozent der Bewohnerzahl im Ort liegen. In seiner Begründung des Antrags hatte FDP-Sprecher Mario Döweling mit Blick auf die Infrastruktur gesagt, man solle Unterkünfte besser in Alsfeld schaffen.
Zu wenige Gebäude angeboten
Weitzel (SPD) erläuterte, dass der Kreis die Unterkünfte anstelle der Kommunen anmietet. Die Alternative wäre, wie bei den Flüchtlingen aus der Ukraine, jeder Kommune ein festes Kontingent an Flüchtlingen zuzuweisen.
Landrat Manfred Görig bemängelte, dass man die Forderung nach Unterkünften nur in großen Orten »im Idealzustand stellen« kann. Allerdings werden dem Kreis zu wenige Gebäude angeboten und davon lässt sich nur ein Teil nutzen, weil zum Beispiel der Brandschutz nicht gewährleistet ist. Auch die Erweiterung der Unterkunft in Ulrichstein durch Container stoße auf Probleme, so sei eine Baugenehmigung erforderlich. Die neueste Unterkunft in Betzenrod ist in einem ehemaligen Gasthaus eingerichtet.
Wenn man dem FDP-Antrag folge, »wäre das das Ende der Suche nach Unterkünften«, so Görig. Dann laufe die Containerunterkunft in Alsfeld voll. Zur Zeit werden dem Vogelsbergkreis zehn Flüchtlinge pro Woche zugewiesen.
Debatte um Information
Das zweite Thema der drei Anträge war der Zeitpunkt von Info-Veranstaltungen zu einer Unterkunft. Die AfD forderte ebenso wie die FDP, dass eine solche Veranstaltung vor Anschluss eines Mietvertrags angeboten wird. Der CDU-SPD-Antrag legt fest, das dies erst nach Abschluss des Vertrags geschieht.
Gerhard Bärsch (AfD) meinte, es solle »normalerweise eine Selbstverständlichkeit sein, die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig zu informieren«. Er ergänzte, dass die Gesellschaft die Integration nicht leisten könne. Es fehle Personal in Kitas, Verwaltung und Schulen, Sprachkurse könnten nicht gehalten werden. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Unterkunft in Betzenrod blieben die meiste Zeit sich selbst überlassen. Und die Einwohner vor Ort würden mit ihren Sorgen im Stich gelassen. Und in Ulrichstein sei die Busanbindung »katastrophal«, formulierte Bärsch.
Döweling (FDP) fordert die frühe Einbindung von Anwohnern, »damit sie nicht eine Tages aufwachen und viele neue Nachbarn haben«. Weitzel (SPD) lehnt frühe Infoveranstaltungen ab, weil dann nur Stimmung gegen eine mögliche Unterkunft gemacht werde und der Vermieter wegen des Drucks aus dem Ort abspringe. Der Kreis mache zu jeder Unterkunft eine Info-Veranstaltung. Das geschehe aber erst dann, wenn feststehe, dass sie eingerichtet wird.
Landrat Görig ergänzte, dass erst geklärt werde muss, ob ein angebotenes Gebäude nutzbar ist. In Ulrichstein gehe er davon aus, dass die Klärung der offenen Fragen fünf bis acht Monate dauert. Deshalb sei eine Information dann sinnvoll, wenn der Vertrag unterschrieben ist.