Eine große Vielfalt im Tanz bieten die Tanzschulen und Vereine in und um Gießen - und zwar für jede Alters- und Leistungsgruppe, vom Kinder- bis zum Seniorentanz, vom Freizeit- bis zum Leistungssport. War in der Vergangenheit das Tanzen weitgehend auf Gesellschafts- und Turniertanz in den Standard- und den lateinamerikanischen Tänzen reduziert, in denen Gießen mit seinen Paaren und Formationen einen hohen Stellenwert in Deutschland hatte, fanden schon in den 1970er Jahren moderne Tanzformen immer mehr Zulauf. Rock’n’Roll hatte eine Reunion, und Gießener Paare ertanzten sich regionale und Deutsche Meistertitel. Ballett war ein Dauerbrenner, sind die Übungen an der Stange doch Grundlage und Körperertüchtigung für alle Tanzformen. Die Tanzcompagnie des Stadttheaters glänzte mit ihren professionellen, klassischen und modernen Darbietungen, und selbst Kinder im Kindergartenalter können Koordination und Balance in diversen Schulen lernen.Als die Straßentanzszene Ende der 80er Jahre mit Hip-Hop und Breakdance von den USA nach Deutschland überschwappte, fanden die Angebote in Gießen unerwarteten Zulauf. Inzwischen haben sich diese Tanzformen mit ihrer Vielfalt und freien tänzerischen Gestaltungsmöglichkeiten etabliert. Große Wettkämpfe und Erfolge Gießener Tänzerinnen und Tänzer bis hin zu Weltmeisterschaftsteilnahmen zeugen von der großen Anziehungskraft dieser Tanzformen. Höhepunkt des Erfolges war in diesem Jahr die unerwartete Nominierung von Breakdance als olympische Sportart. Dass gerade Breakdance und nicht die klassischen Tanzsportarten den Vorzug erhalten hatte, sorgte in der Tanzwelt für Freude, aber auch für Erstaunen und ist der freien, akrobatischen Gestaltung und dem nachvollziehbaren Bewertungssystem geschuldet. Als vor zehn Jahren »Gießen tanzt« ins Leben gerufen wurde, waren die Initiatoren selber von der Vielfalt der Tanzanbieter und Tänze überrascht. Neben Jazz- und Modern Dance, Kinder-, Schau- und Gardetanz, Twirling-, Majoretten- und Bühnentanz wurde auch Cheerleading und Contemporary präsentiert. Alte Bauerntänze wurden genauso geboten wie Western- und Countrytänze, Line Dance und Pole-Dance. Am 3. November ist es in der Kongresshalle wieder soweit »Gießen tanzt« feiert zehnjähriges Jubiläum und wartet mit vielen Höhepunkten auf, bei freiem Eintritt für die Zuschauer.
/Erfstadt (pm). Jährlich kürt der Berufsverband Deutscher Tanzlehrer (BDT) einen Tanz des Jahres. 2019 ist das der Swing. Mit Swing wird eine ganze Familie von Tänzen bezeichnet, die Ende der 1920er Jahre in den USA entstanden sind. Lindyhop, Shag und Balboa stehen aktuell im Mittelpunkt. In den BDT-Tanzschulen gibt es dazu im ganzen Jahr spezielle Workshops und Kursangebote.
Blütezeit des Swing waren die 1930er und 1940er. Zu den Tänzen gehören unter anderem der Lindy Hop, Charleston, Shag, Balboa, West Coast Swing, Boogie-Woogie, Cakewalk und Big Apple. Im weiteren Sinne kann man auch den Jive, Ceroc/LeRoc/Roc, Bugg und Rock ’n’ Roll dazu zählen. Auch der Discofox bedient sich bei Elementen aus dem Swing. Swing ist ein Rhythmus, der sich aus schwarzen Afro-Rhythmen (Yoruba und Bantu) und weißer Marschmusik (von den europäischen Einwanderern) bildete, und in allen älteren Formen der Jazzmusik vorherrscht.
Der Tanz entstand in den 1920er Jahren in den großen Ballsälen New Yorks zur Musik der Big Bands, die die Jazzmusik zur orchestralen Swing-Musik weiterentwickelten. Die Energie des Tanzes, die jazztypische Improvisation und die Offenheit für andere musikalische und tänzerische Einflüsse hat zu einem weiten Spektrum an typischen Bewegungselementen geführt, das sich bis heute weiterentwickelt und erweitert.
Die ursprüngliche Variante des Tanzes stammt aus dem Tanztempel Savoy Ballroom in Harlem (New York) und wurde als Lindy Hop oder Savoy-Style Swing bezeichnet. Bei der weiteren Verbreitung wurden Einflüsse anderer Tänze wie Shag aufgenommen. Die bekannteste Variante ist der Hollywood-Style Swing. Er wurde vor allem für die Filmindustrie in Hollywood getanzt und heißt nach seinem ersten Vertreter auch Dean Collins Style. Um die Wende der 1940er/50er Jahre entstanden, war er das weiße Pendant zum »schwarzen« Savoy-Style. Es kam darauf an, möglichst viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, d. h., es wurden vermehrt Show-Elemente eingesetzt, der Tanz wurde extrovertierter und verlor viel von seinem ursprünglichen Charakter.
Als die populäre Musik von Swing zu R&B und den Anfängen des Rock’n’Roll weiterging und in den Vereinigten Staaten die Anfänge einer medial gestützten Pop-Kultur entstanden, entdeckten zunehmend Teenager den Tanz, die ihn an die neuen Musikstile adaptierten.