Nach Zugunglück: Immer wieder schwere Vorfälle an Bahnübergängen im Kreis Gießen
Das schwere Zugunglück von Großen-Buseck beschäftigt weiterhin. Ein Blick ins Archiv zeigt: In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche ähnliche Vorfälle im Kreis Gießen. Ein Überblick.
23. Mai 2018, 17:27 Uhr
Von Florian Dörr
(Foto: dpa)
Fotostrecke: Zugunglück in Großen-Buseck
November 2017: Ein Unfall am Bahnübergang bei Garbenteich geht glimpflich aus. Ein Auto kracht in das Ende eines vorbeifahrenden Zuges. Niemand wird verletzt und der Zug fährt zunächst weiter. Ein 67-jähriger Golf-Fahrer aus Pohlheim hat Glück im Unglück. Kurz nach 13 Uhr übersieht er die roten Ampeln vor dem Bahnübergang bei Garbenteich. Erst als ein aus Gießen kommender Zug vorbeifährt, bremst der Mann voll ab. Dabei schleudert er mit seinem Pkw in die Leitplanke und von dort mit dem Heck in das Ende des Zuges. Sowohl der 67-Jährige als auch die Fahrgäste in der Regionalbahn bleiben unverletzt. Kurios: Der Lokführer bekommt von dem Vorfall überhaupt nichts mit und fährt weiter, ein Reisender macht ihn auf den Unfall aufmerksam.
November 2016: Ein voll besetzter Nahverkehrszug kracht gegen einen 40 Tonnen schweren Lkw: Gegen 7 Uhr morgens kommt es am Bahnübergang Schiffenberger Weg in Gießen zu der Kollision. Die Folgen des Unfalls bleiben – wie durch ein Wunder – glimpflich: Es gibt zwei Leichtverletzte. Der Lokführer und eine Bahnreisende müssen in der Gießener Uni-Klinik behandelt werden. Alle anderenrund 200 Fahrgäste in dem Zug der Hessischen Landesbahn auf dem Weg von Fulda nach Gießen – überwiegend Schüler und Berufspendler – können den Zug unversehrt verlassen. Was hatte der mit Kies beladene Sattelauflieger auf den Gleisen zu suchen? Beamte vor Ort sagten, der Lkw-Fahrer sei nicht im Führerhaus gewesen, als der Zug in den Laster krachte. Auch er bleibt unverletzt. Offenbar hatte der Mann den mit Halbschranken ausgestatteten Bahnübergang zunächst mit seinem Lkw überquert und diesen dann neben der Einfahrt zur damaligen Großbaustelle im Aulweg abgestellt. Der Auflieger ragte in den Gleisbereich.
Oktober 2015: Ein Zug der Hessischen Landesbahn rammt am Bahnübergang Garbenteich einen Traktor. Glücklicherweise werden weder die 50 Fahrgäste an Bord des Zuges noch der Traktorfahrer verletzt. Der Personenzug ist von Gelnhausen nach Gießen unterwegs, als er gegen 10.40 Uhr mit dem Traktor kollidiert. Dessen Fahrer hatte beim Einbiegen von einem Feldweg auf die Straße sowohl das Rotlicht als auch die vorgelagerte Schranke übersehen und war auf die Gleise gefahren. Trotz einer sofortigen Notbremsung prallt der mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h herannahende Personenzug auf den Frontpacker des Bulldogs. Der Traktorfahrer und ein Mann aus dem Zug erleiden einen leichten Schock.
Juni 2015: Schwerer Unfall am Gießener Bahnübergang Rödgener Straße: Ein Personenzug der Hessischen Landesbahn erfasst einen Lastwagen, der eine geschlossene Schranke durchbrochen hatte. Sechs Personen werden zum Teil schwer verletzt. Laut Polizei war der mit Apfelsinen beladene Lkw aus Spanien gegen 12.30 Uhr von B 49 her kommend nach links auf die Rödgener Straße eingebogen. Dabei übersah der Fahrer vermutlich, dass die Schranke geschlossen war. Der 40-Tonner kommt erst mit dem Führerhaus auf den Gleisen zum Stehen. Zur selben Zeit nähert sich ein Personenzug aus Gießen. Weil die Bahngleise an dieser Stelle einer langgezogenen Linkskurve folgen, sah der Lokführer den Laster erst relativ spät. Trotz Notbremsung kann der Mann eine Kollision mit dem Brummi nicht verhindern. Der Triebwagen prallt in das Führerhaus des Lastwagens. Es wird durch die Wucht des Aufpralls zur Seite weggerissen. Der Fahrer und der Beifahrer des Lkw wurden schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Der Lokführer sowie drei Fahrgäste erleiden leichte Verletzungen. Der Großteil der 38 Fahrgäste im Zug bleibt unverletzt.
Mit dem Schrecken davon kamen die Insassen dieses VW Golf, der am Dienstagnachmittag im Au...
November 2013: Glimpfliches Ende eines Unfalls am Bahnübergang Aulweg in Gießen, weil die Fahrerin eines VW Golf beherzt handelt. Am Nachmittag kann sie sich selbst und ihre beiden Kinder aus ihrem Fahrzeug in Sicherheit bringen, bevor das Auto vom herannahenden Zug erfasst. Zuvor hatte die Fahrerin einen gravierenden Fehler gemacht: Wegen des Rückstaus Richtung Schiffenberger Weg war sie mit ihrem Auto auf den Gleisen stehen geblieben. Als die Schranke sich senkte, handelt sie sofort und rettet sich selbst und die Kinder aus dem Fahrzeug. Auch im Personenzug von Nidda nach Gießen, dessen Führer eine Notbremsung einleitet, wird niemand verletzt.
Juli 2013: Bei der Karambolage eines Personenzuges mit einem auf den Gleisen stehenden Lastkraftwagen werden in Großen-Buseck 15 Personen zum Teil schwer verletzt. Zum Unfall kommt es gegen 16 Uhr am Bahnübergang zum Gewerbegebiet an der Edekastraße in Großen-Busecks Süd-Osten. Die Verletzten werden von zahlreichen Rettungskräften, die aus dem gesamten Landkreis an die Unfallstelle gekommen waren, vor Ort betreut und anschließend in umliegende Krankenhäuser gebracht. An Bord des Zugs waren 139 Reisende, darunter einige Kinder und Schüler. Vor dem Bahnübergang an der Edekastraße fährt der Zug eine Kurve, so dass der Zugführer keine 20 Meter freie Sicht auf den beschrankten Bahnübergang hat. Wohl viel zu wenig auch für eine Notbremsung. Deshalb prallt der Zug mit einer ziemlichen Wucht gegen das Heck des auf den Gleisen stehenden Lastwagens. Der Lkw-Fahrer hatte möglicherweise gar nicht bemerkt, dass hinter seinem Fahrzeug die Bahnschranke schloss, obwohl das Heck des Kühltransporters eines im Gewerbegebiet ansässigen Unternehmens noch ein bis eineinhalb Meterüber den Gleiskörper ragte. Später gibt der Mann bei der Polizei an, er habe anhalten müssen, weil ein anderer Lkw direkt vor ihm hinter dem Bahnübergang im absoluten Halteverbot gestoppt habe.
Oktober 2011: Vorfall am Bahnübergang Steinberger Weg in Gießen: Gegen Mittag fährt ein Linienbus über den Übergang der Bahnstrecke nach Gelnhausen, genau in diesem Moment senkten sich die Schranken. Wie ein Zeuge berichtet, setzt der Busfahrer sofort zurück und beschädigte dabei den Schrankenbaum. Unmittelbar danach fährt ein Zug durch.
Dezember 2009: In den frühen Abendstunden ereignet sich auf dem Bahnübergang im Industriegebiet östlich von Großen-Buseck ein Unfall, bei dem drei Zuginsassen verletzt werden. Ursache ist ein Abschleppkonvoi, der wegen einer Bodenwelle den Übergang nur extrem langsam queren und einem herannahenden Zug nicht mehr ausweichen konnte.
Februar 2001: Bei der Kollision eines Schienenbusses mit einem VW-Golf auf einem unbeschrankten Bahnübergang nahe des Steinberger Wegs in Gießen werden die beiden Pkw-Insassen getötet. Der Zug ist mit rund 85 km/h untrwegs, als er auf das Auto trifft. Trotz derVollbremsung des Lok-Führers wird das Auto noch 150 Meter über den Gleiskörper geschoben, wobei der Zug aus den Schienen springt. Die Getöteten waren auf der Heimfahrt von ihrem Arbeitsplatz. Wie der Unfall passieren konnte, ist ungewiss. Damals berichtet die Bahn: Züge werden vor unbeschrnakten Bahnübergängen automatisch angehalten, wenn das rote Blinklicht an den Übergängen defekt sein sollte.