In den Räumen des SEK Frankfurt hing ein martialisches Bild der Einheit mit Patronenhülsen, es gab Totenkopf-Flaggen und doppeldeutige rechte Symbole. Das Spezialeinsatzkommando stellte sich Säulen mit selbst verfassten Leitsätze auf. In Chats äußerten sich die Polizisten volksverhetzend sowie mit Gewaltfantasien menschenverachtend und roh über Ausländer, Behinderte und Frauen. Innenminister Peter Beuth (CDU) sprach am Donnerstag von inakzeptablen Grenzverletzungen. Die Auflösung des SEK Frankfurt sei unumgänglich gewesen und eine neue Struktur der Spezialeinheiten erforderlich.
Die Spezialeinsatzkommandos sollen künftig zwar wie bisher an ihren strategisch günstigen Standorten bleiben. Organisatorisch werden sie aber zu einem SEK Hessen zusammengeführt und im hessischen Bereitschaftspolizeipräsidium angesiedelt sein, kündigte der Innenminister in Wiesbaden an. Das gelte künftig auch für weitere Spezialeinheiten. In der Übergangsphase bis zur Umsetzung der Neuorganisation werde die neu strukturierte Einheit in Frankfurt als SEK SÜD zum Monatsende mit neuer Führungsstruktur und -kultur wieder im Einsatz sein.
Verrohung nicht dulden
Nach Bekanntwerden der Chats hatte der Innenminister das SEK des Frankfurter Polizeipräsidiums im Juni aufgelöst. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere Beamte. Außerdem laufen disziplinarische und arbeitsrechtliche Maßnahmen. Der ganz überwiegende Anteil der Chat-Kommunikation sei zwar strafrechtlich nicht relevant, erklärte der kommissarische Präsident des hessischen Landeskriminalamts, Andreas Röhrig. Bei den eingeleiteten Ermittlungsverfahren geht es um vergleichsweise wenige Inhalte. Diese müssten aber bei jedem Polizisten die Alarmglocken schrillen lassen.
Der LKA-Chef und der Polizeipräsident des Präsidiums Westhessen, Stefan Müller, hatten Auszüge der Chats und Bilder der Diensträume präsentiert. Eine solche Verrohung in der Polizei dürfe nicht geduldet werden, betonte Röhrig. »Kein Einsatzerfolg kann das jemals rechtfertigen.« Müller, der den Expertenstab zur Neustrukturierung des Spezialeinsatzkommandos leitete, sprach von einer zunehmenden Verrohung. Das Kommando habe sich von der Gesamtorganisation abgekoppelt und ein von übersteigertem Korpsgeist geprägtes Eigenleben entwickelt.
Müller und Innenminister Beuth kritisierten auch stark die Führungskräfte des SEK. Diese hätten der Entwicklung in dem Kommando nicht entgegengewirkt, nichts unterbunden oder geahndet. Zudem sei die maximale Verwendungszeit des Führungspersonals deutlich überschritten gewesen. Es habe wenig Raum für kritische Selbstreflexion gegeben. Stattdessen sei eine ungesunde Selbsterhöhung gelebt worden. Die Führungs- und Fehlerkultur im und für das SEK habe versagt. Der Wertekompass sei in die falsche Richtung verrutscht.
Polizeigewerkschaft übt Kritik an Reform
Die nun eingeleitete Reform sieht nach Angaben von Beuth vor, dass aus dem hessischen Bereitschaftspolizeipräsidium künftig ein erweitertes Einsatzpräsidium werden soll. Die Bereitschaftspolizei beheimatete bereits die Einsatzeinheiten, die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten. Hinzukommen sollen neben dem SEK zwei mobile Einsatzkommandos sowie die auf kommunikative Lagelösung spezialisierte Verhandlungsgruppe.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnte die neue Struktur ab und kritisierte, dass die zuständigen Personalvertretungen nicht mit in den Entscheidungsprozess einbezogen worden seien. Fehlverhalten in den eigenen Reihen werde nicht toleriert, betonte der GdP-Landesvorsitzende Jens Mohrherr. Nach vorliegenden juristischen Gutachten sei aber zu vermuten, dass viele der im Raum stehenden Vorwürfe rechtlich haltlos seien.