13. April 2021, 21:13 Uhr

Der Kampf geht weiter

Mit Tröten, Rasseln und Plakaten sind rund 300 Beschäftigte des Karbener Conti-Werks für den Auftakt der entscheidenen Verhandlungen im Zuge der möglichen Werkschließung zum Bürgerzentrum gezogen. »Wir gehen nicht, aber wenn wir gehen, dann gehen wir in Scheiben. Entschuldigung, ich sagte: Wir sind gekommen, um zu bleiben!«, ertönt es aus den Boxen. Es ist jene Strophe aus dem Lied der Band »Wir sind Helden«, die sinnbildlich für Conti-Beschäftigten steht.
13. April 2021, 21:13 Uhr
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Aus der Redaktion
Zum Schluss lassen die Conti-Mitarbeiter Luftballons steigen.

Kurz vor der großen Kreuzung am Karbener Bürgerzentrum verdichtet sich der Nebel. Laute Musik ist zu hören. Zu sehen ist noch niemand. Dann folgt der große Auftritt: Rund 300 Beschäftigte von Continental laufen durch die Nebelschwaden - erzeugt von kleinen Bengalos. Es ist eine Szene, die an einen Auftritt bekannter Boxgrößen erinnert. Am Straßenrand stehen Passanten, die den Moment mit der Handykamera festhalten wollen. Mit Rasseln, Tröten und Plakten bahnen sich die Beschäftigten anschließend ihren Weg durch den Rauch. In der Hand haben sie zwar keine Boxhandschuhe, aber eins ist klar: »Wir kämpfen für unseren Standort«, sagt Michael Erhardt, Erster Bevollmächtigter der IG Metall.

Die Demonstranten begleiten an diesem Vormittag die Delegation der Arbeitnehmerseite zum Rathaus. Denn die Verhandlungen um den Erhalt des Standortes Karben des Continental Automotive Werkes sind in vollem Gange. Bürgermeister Guido Rahn (CDU) hat zur nächsten Verhandlungsrunde ins Rathaus eingeladen. »Wir haben den Parkplatz frühzeitig gesperrt, damit hier heute die Demo stattfinden kann. Continental gehört zu Karben und wir kämpfen bis zum Schluss«, sagt der Rathauschef.

Bereit für nächste Eskalationsstufe

Angeführt wird der Demozug, der von zehn Polizisten gesichert wird, vom zweiten Bevollmächtigten der IG Metall, Christian Egner. Mit einem Megafon heizt er die Menge immer wieder an. »Seid laut und macht richtig Krach, wir gehen hier nicht mehr weg!« Jung und Alt marschieren gemeinsam, halten sich größtenteils an Abstandsregel und Maskenpflicht. Einige haben Plakate in der Hand. Darauf stehen Sprüche wie »Contintental - hilflos, konzeptlos, respektlos« oder »Was machen wir? Wir bleiben hier!« Letzterer ist auch der Slogan, den die 300 Beschäftigten immer wieder laut rufen. Sie kämpfen für sich und ihre Kollegen. Rund 1100 Arbeitsplätze sollen am Standort gestrichen werden.

Am Bürgerzentrum angekommen übernimmt IG-Metall-Verhandlungsführer Sebastian Fay das Mikrofon. »Wir wollen heute ein Angebot und wollen hören, dass es eine Zukunft gibt«, sagt er. Die Menge jubelt, trötet und rasselt. »Wenn nicht, dann müssen wir eben den Druck erhöhen.« Davon spricht auch Michael Erhardt. »Wir sind bereit, die nächste Eskalationsstufe einzuleiten.«

Conti-Betriebsratsvorsitzender Frank Grommeck verleiht anschließend das »Goldene Verschaukelpferd für die Unfähigkeit, Arbeitsplätze zu erhalten« an den Conti-Vorstand in Hannover. »Bis heute gibt es kein schlüssiges Konzept. Jetzt ist es an der Zeit, ein Signal zu bekommen.«

Unterstützung von Politik und Vereinen

Ein echtes Zeichen setzen an diesen Vormittag auch die Karbener Parteien und Vereine. Am Rathaus wird ein Banner aufgehängt mit der Aufschrift: »Die Conti Werkschließung vernichtet mehr als 1000 Arbeitsplätze. Sie betrifft ganz Karben und das soziale Fundament unserer Gesellschaft.« Vom Fußballverein über alle Parteien bis hin zur Kulturscheune und viele mehr - alle haben sich beteiligt. »Karben hält zusammen und unterstützt die Conti-Belegschaft«, sagt Bürgermeister Rahn.

Nach einer Stunde leert sich der Platz vor dem Bürgerzentrum etwas. Doch die Verantwortlichen haben sich ein kreatives Programm einfallen lassen. Es gibt einen Fotostand mit Starwars-Motiven. »Um zu sehen, wie sich das mit der Macht so anfühlt«, sagt Christian Egner mit einem Augenzwinkern. Es wird getanzt, Mitarbeiterinnen berichten von ihren Erfahrungen im Kampf um den Arbeitsplatz.

Anschließend lassen die Anwesenden noch Ballons mit Karten in den Himmel steigen. Darauf ist eine Deutschlandkarte zu sehen. Auf ihr steht: »Die Conti-Karte des Kahlschlags. Jetzt gibt’s Contra.« Kaum haben die Ballons die Hände der Demonstranten verlassen, weht der Wind sie - wie könnte es anders sein - in Richtung Conti-Werk. Eine Mitarbeiterin schaut hinterher und sagt: »Wir sind noch lange nicht fertig.« Für den 19. April ist eine weitere Verhandlung vereinbart.



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