Bad Homburg/Langen/Frankfurt - Wandern ist seit Beginn der Corona-Pandemie beliebter denn je. Auch im Winter zieht es die Menschen raus in die Natur. Vor allem der Taunus kann sich seit einigen Wochen vor Besuchern kaum retten.
»Bei Schneefall ist die Region immer stark besucht. Aber von dem Ausmaß, das die Besucherzahlen besonders in den Weihnachtsferien angenommen hatten, waren wir dennoch überrascht«, sagt Barbara Wüst, Sprecherin des Hochtaunuskreises. Denn die neue Lust am Wandern bringt auch Ärger: Müll und Vandalismus haben extrem zugenommen, ebenso das rücksichtslose Verhalten einiger Besucher. »Das Verlassen der Wege, das Betreten von Wildruhezonen und das Wandern und Rodeln in Naturschutzgebieten und anderen Schutzzonen abseits der Wege ist eine Belastung für die Natur«, stellt Wüst klar. »Und weil viele Besucher außerhalb der ausgewiesenen Wanderparkplätze entlang der Waldwege und Wiesen parken, verursacht auch das Schäden.«
Ähnliche Erfahrungen hat Melvin Mika gemacht. Er ist Leiter des Forstamts Langen und damit für rund 15 900 Hektar Wald in Stadt und Kreis Offenbach zuständig. »Wenn die Leute auf den Wegen bleiben, ihren Müll nicht einfach hier wegwerfen und keine Tiere aufscheuchen, hat das erst mal keine negativen Auswirkungen für die Natur«, sagt er.
Doch das ist nicht immer die Realität. Vor allem die illegalen Müllablagerungen haben in den vergangenen Monaten massiv zugenommen. »Es ist schlimm, wenn Reifen, Einkaufswagen, Fliesen oder Ziegel in der Natur abgeladen werden. Es ist, als ob die Leute in der Corona-Zeit bei sich zu Hause aufräumen oder renovieren und das dann in den Wald fahren«, schimpft der Forstamtsleiter. Der Schaden für die Natur ist hoch: »Reifen brauchen Jahrhunderte bis sie verrotten, und noch heute findet man Ziegel aus römischen Zeiten - der Boden speichert schädliche Stoffe, und im schlimmsten Fall gelangen diese ins Grundwasser.« Er und sein Team versuchen deshalb, solchen illegal abgelegten Müll schnellstmöglich zu entsorgen.
Zustimmung gibt’s aus dem Taunus: »Es müssen sich in letzter Zeit viele Akteure wie der Naturpark Taunus um den Müll kümmern, deren primäre Aufgabe nicht die Reinigung der Region ist«, sagt Barbara Wüst. »Wichtig ist aber auch, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der Müll im Wald für die Natur eine Belastung ist, und die Besucher dafür zu sensibilisieren, mindestens ihren eigenen Müll wieder mit nach Hause zu nehmen«, sagt Wüst.
Auch der Stadtwald Frankfurt ächzt unter illegalen Ablagerungen, wie Susanne Schierwater, Sprecherin des Umweltdezernats, auf Nachfrage bestätigt: »Die Mitarbeiter des Stadtforstes müssen teilweise zusätzliche Reinigungsfahrten machen.« Außerdem stören die Menschenmassen verstärkt die Tiere. »Das Wild ist unruhiger«, sagt Schierwater.
Die Mainmetropole hatte vor allem im vergangenen Frühjahr mit rücksichtslosen Besuchern in der Schwanheimer Düne zu kämpfen. Diese liefen kreuz und quer über die Flächen des Naturschutzgebiets, grillten, entfernten Gelege aus Nistkästen, fingen Eidechsen und Frösche oder nahmen Kaulquappen aus den Teichen mit. Ein Verhalten, das ernste Konsequenzen hat. »Zerstörte Nistkästen können ausgetauscht werden, aber durch Trittschäden beschädigte Flechten in der Kernzone können sich nicht so leicht erholen«, sagt Schierwater. »Sie wachsen nur einen Millimeter pro Jahr und haben nur eine geringe Flächenausdehnung von wenigen Quadratmetern.«
Trotzdem sind sich alle einig: Den Zustand der Wälder insgesamt hat der Wandertrend bislang nicht verschlechtert. »Wir begrüßen es, dass mehr Menschen einen Zugang zur Natur finden«, sagt Barbara Wüst. »Und die meisten Besucher halten sich an die Regeln«, bestätigt auch Melvin Mika. Julia Oppenländer