20. Januar 2023, 20:51 Uhr

Angeklagter Staatsanwalt gesteht

20. Januar 2023, 20:51 Uhr
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Von DPA

- Mit einem weitreichenden Schuldeingeständnis und persönlichsten Schilderungen hat der in Frankfurt wegen Korruption angeklagte ehemalige Oberstaatsanwalt die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt. Am zweiten Prozesstag verlas der 55-Jährige mit stockender Stimme eine 19 Seiten lange Erklärung voller Reue. Er übernehme »trotz überaus düsterer Aussichten« für sein weiteres Leben »strafrechtlich und persönlich die Verantwortung«.

Er habe vielen Unbeteiligten großen Schaden zugefügt, das Vertrauen von Vorgesetzten und Kollegen missbraucht und dem Ansehen der Justiz schweren Schaden zugefügt. Er habe es nicht vermocht, das System der Schmiergeldzahlungen zu stoppen, sagte Alexander B. »Insofern kann ich der Staatsanwaltschaft fast dankbar sein, dass sie mich da rausgezogen hat.«

Arbeit sollte von Problemen ablenken

Der ehemalige Leiter einer Ermittlungsstelle gegen Korruption im Gesundheitswesen muss sich seit vergangener Woche selbst wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht verantworten. Der 55-Jährige soll sich laut Staatsanwaltschaft bei der Vergabe von Gutachten bereichert und Schmiergelder kassiert haben. Mit ihm auf der Anklagebank sitzt ein Unternehmer, dem gewerbsmäßige Bestechung und Subventionsbetrug vorgeworfen wird.

Alexander B. schilderte seine traumatische Kindheit in prekären Verhältnissen: Der Vater habe ihn sexuell missbraucht. Die Mutter habe ihn direkt nach der Geburt in ein Kinderheim gegeben und mit zwei Jahren zurückgeholt. Seine Kindheit sei geprägt gewesen von Geldsorgen, der Überforderung seiner Mutter und der Alkoholsucht seines Vaters.

Durch die »traumatischen Erlebnisse« habe er »einen starken Lebenswillen entwickelt«, sagte der Angeklagte. Mit Fleiß und Disziplin habe er das Jurastudium abgeschlossen. Mit Arbeit habe er sich von seinen persönlichen Problemen ablenken wollen. »Mein beruflicher Erfolg war mein einziger Lebensinhalt.«

Von 2002 an war der Angeklagte mit Ermittlungen zu Abrechnungsbetrug bei Ärzten betraut. Für die komplizierte Materie brauchte man Sachkundige, die zunächst einzeln und selbstständig arbeiteten. In der Hochphase seien bis zu 2000 Verfahren anhängig gewesen. Zusammen mit seinem Schulfreund - der nun mit ihm auf der Anklagebank sitzt - gründete der Angeklagte eine Firma, bei der die Sachverständigen angestellt waren.

Ex-Partnerin erstattete Anzeige

Der Angeklagte gab zu, zuerst zu einem Drittel und später zu 60 Prozent am Gewinn dieses Unternehmens beteiligt gewesen zu sein, dabei habe er gewusst, »dass dieses Verhalten unzulässig ist«. Hintergrund dieser »Unrechtsvereinbarung« sei seine neue Beziehung zu einer der Sachverständigen gewesen.

Als ihre beiden Kinder aus erster Ehe bei dem Paar einzogen - die Tochter adoptierte der Angeklagte später - seien die Kosten gestiegen. Zu diesem Zeitpunkt haben er beschlossen, »sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen«. Eine weitere Einnahmequelle erschloss sich der Angeklagte nach eigenem Bekunden bei einer Firma, die EDV-Gutachten erstellte.

Seine Partnerin sei dann psychisch krank geworden, er habe sich 2019 von ihr getrennt. Diese Frau war es dann auch, die den damaligen Oberstaatsanwalt 2019 anzeigte. dpa



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