Es kommt vor, dass Ekkehard Dietz »Glückauf« statt »Guten Tag« wünscht. Den Bergmannsgruß hat er verinnerlicht, nach jahrelanger Arbeit unter Tage. Nun ist der 78-Jährige endgültig in Rente gegangen, als einer der letzten Bergmänner, die einst in der Grube Fortuna in Mittelhessen tätig waren. Den unterirdischen Bergbau, wie Dietz ihn noch kannte, gibt es heute in Hessen so gut wie nicht mehr. Zu spüren ist er aber noch immer.
Am 1. Januar 1966 begann Dietz’ Schicht in der Grube Fortuna in Solms, die heute ein Besucherbergwerk ist. Das Datum ist vermerkt in seinem Bergmannsbuch, eine Art Lebenslauf für Bergleute. Als sogenannter Steiger war er auf einem leitenden Posten tätig. »Es galt schon was, bei der Fortuna zu arbeiten«, erzählt der Rentner. Bereits damals sei es die einzige noch aktive Eisenerzgrube in der Region gewesen. Schluss war im Jahr 1983. Die Konkurrenz aus dem Ausland hatte auch in der Fortuna den Eisenerzabbau unrentabel gemacht. Zuvor sei dieser jahrzehntelang ein wichtiger und prosperierender Zweig der Industrie in Mittelhessen gewesen, berichtet Martin Heidlas, Dezernent bei der Bergaufsicht des Regierungspräsidiums Gießen.
Bergbau hat sich gewandelt
Die Hinterlassenschaften unter Tage beschäftigen die Behörden aber noch immer. »Diese alten Bergwerke sind ja nicht weg.« Zu den Folgen des Untertagebaus können »Bergschäden« gehören wie einbrechendes Erdreich. Oder die stillgelegten Bergwerke sind Bauprojekten im Weg. Dann muss geprüft werden, ob in der Nähe der alten Gruben ein neues Wohngebiet entstehen darf.
»Heute hat sich der Bergbau komplett gewandelt«, erklärt Heidlas. Er unterscheide sich in der Region grundsätzlich vom damaligen – er ist überirdisch. »Der Tagebau lebt sehr gut«, sagt der Diplom-Geologe. Rund 90 Betriebe in Mittelhessen fördern Heidlas zufolge Basalt, Ton oder Quarzsand. Abnehmer der Rohstoffe sind etwa die Keramik- und vor allem Bauindustrie. In der Grube Fortuna steckt auch heute noch Eisenerz. Ekkehard Dietz sorgte auf Schicht mit dafür, an dieses heranzukommen. »Der Bergmannsberuf ist ein sehr umfangreicher Beruf«, sagt der 78-Jährige. Deswegen habe er während seiner Lehrjahre im Steinkohlebergbau beim Eschweiler Bergwerksverein (Nordrhein-Westfalen) auch Kenntnisse aus den Bereichen Elektro oder Schlosserei vermittelt bekommen. Er wurde erst Knappe, quasi ein Geselle, dann Hauer, eine Art Meister, schließlich Steiger. Später ging es für Dietz beruflich über Tage weiter. Er wechselte zum Unternehmen Buderus und war dort viele Jahre unter anderem als Entwicklungsingenieur tätig. 2002 ging er zum ersten Mal in den Ruhestand, kehrte aber noch einmal zur Grube Fortuna zurück: 2011 übernahm er hier den Job der Fahraufsicht, damit Besucher das Bergwerk sicher betreten können. »Ich war stolz drauf, Knappe zu sein, Hauer zu sein, Steiger zu sein«. Das sei er heute noch, sagt Dietz und lächelt wehmütig.