16. Juni 2017, 09:37 Uhr

Interview

FDP-Politiker Greilich: »Thema Bildung ist entscheidend«

Seit 2008 sitzt er im hessischen Landtag. Bis zu seinem Rückzug im kommenden Jahr will Wolfgang Greilich aber noch kräftig mitmischen, wie er im Interview sagt. Für seine Partei: die FDP.
16. Juni 2017, 09:37 Uhr
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Von Gerd Chmeliczek
Hat noch viel vor bis zum Ende seiner Zeit im Wiesbadener Landtag: Wolfgang Greilich von der FDP. (Foto: dar)

Entspannt ist er, der 63-jährige Gießener. Kein Wunder, hat er doch im Laufe seiner Zeit als Abgeordneter in Wiesbaden schon einiges erlebt. Dazu zählt auch die bittere Niederlage aus dem Jahr 2013, als die Freidemokraten erst in letzter Sekunde überhaupt den Sprung in den Landtag schafften. Im Moment befindet sich die FDP im Aufschwung, die Ergebnisse in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben Auftrieb gegeben. Nun soll der Trend bestätigt werden – in diesem Jahr im Bund und 2018 auch in Hessen. Wie das gehen soll, erzählt Wolfgang Greilich im Interview:

Herr Greilich, nach den guten Ergebnissen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen: Knallen bei der FDP jetzt bis zur Bundestagswahl die Sektkorken?

Wolfgang Greilich: Das werden Sie bei uns nicht mehr erleben. Wir haben die Abstürze bei der Bundes- und bei der Landtagswahl in Hessen noch sehr gut im Gedächtnis. Die haben wir zum großen Teil selbst verschuldet, und das war uns eine Lehre. Wir haben die Zeit seitdem genutzt, um die Partei neu zu sortieren und aufzustellen. Und bei der Gelegenheit haben wir auch Bescheidenheit gelernt. Die guten Ergebnisse haben wir uns erarbeitet. Das müssen wir auch weiterhin tun, um das bei den anstehenden Wahlen zu bestätigen.

Welche Themen muss die FDP besetzen, um sich von anderen Parteien abzusetzen?

Greilich: Das Thema Bildung ist meiner Meinung nach entscheidend. Wir müssen deutlich mehr Geld aus unserem Bruttosozialprodukt in die Bildung stecken, weil wir dadurch Folgekosten im sozialen Bereich sparen. Bildung ist die beste Garantie für persönlichen Erfolg und soziale Sicherheit. Ein anderes Thema ist die Digitalisierung und die damit einhergehende Veränderung der Arbeitswelt. Hier müssen die Chancen, nicht die Risiken in den Vordergrund gestellt werden. Wir sollten den Menschen mehr Freiheiten geben – gerade im Bezug auf Arbeitsmodelle.

Wir müssen deutlich mehr Geld aus unserem Bruttosozialprodukt in die Bildung stecken, weil wir dadurch Folgekosten im sozialen Bereich sparen

Wolfgang Greilich

Was meinen Sie damit konkret?

Greilich: Ein Beispiel: Wir haben im Moment wieder eine Diskussion über Sonntagsöffnungen von Geschäften. Ich bin der Meinung, wir brauchen überhaupt kein Ladenöffnungsgesetz. Lassen wir doch die Händler selbst entscheiden, wann sie ihre Läden auf- und zuschließen. Für manche lohnt sich die Sonntagsöffnung, dafür lassen sie vielleicht an einem Wochentag das Geschäft zu. Die Arbeitnehmer sind geschützt durch eine Vielzahl an Regelungen. Es geht nicht darum, mehr zu arbeiten, sondern flexibler.

Die FDP ist in Hessen in der Opposition. Wie kann der Sprung zurück auf die Regierungsbank gelingen?

Greilich: Wir haben die vergangenen dreieinhalb Jahre gut genutzt, machen unsere inhaltlichen Positionen im Landtag deutlich. Das gelingt auch deshalb so gut, weil die schwarz-grüne Regierungskoalition am Ende ihrer Gemeinsamkeiten angekommen ist. Es wird nichts mehr bewegt. Inklusion, innere Sicherheit – dazu kommt nichts auf den Tisch.

Mit Florian Rentsch hat ein Zugpferd die hessische FDP verlassen. Wie schmerzlich ist dieser Verlust?

Greilich: Ich habe das sehr bedauert, weil er einer der profiliertesten Köpfe der hessischen FDP war. Ich kann aber auch verstehen, dass er eine neue Aufgabe gesucht hat. Wir haben eine gute Truppe, und in der Fraktion geht es reibungslos weiter. Aber natürlich schmerzt der Verlust, denn Florian Rentsch wäre auch der natürliche Spitzenkandidat für die Landtagswahl gewesen.

Und wer wird es jetzt?

Greilich: Wir haben einen Landesvorsitzenden Stefan Ruppert, eine Bundesgeneralsekretärin Nicola Beer oder den neuen hessischen Fraktionschef René Rock. Ich denke, einer von den dreien wird es.

Sie hatten kein Interesse, noch einmal Fraktionschef zu werden?

Greilich: Nein, da ich bei der kommenden Landtagswahl nicht mehr antrete, hat sich die Frage zwar für andere, aber nicht für mich gestellt.

In der schwarz-grünen Koalition wird nichts mehr bewegt. Inklusion, innere Sicherheit – dazu kommt nichts auf den Tisch

Wolfgang Greilich

Überlastung der Lehrkräfte – das Thema wird derzeit kontrovers diskutiert...

Greilich: Schwarz-Grün ist trotz der Flüchtlingsthematik mit großen Druck in das Ganztagsangebot eingestiegen und hat zudem beschlossen, Inklusion als Regelfall anzubieten – unabhängig davon, ob überhaupt Ressourcen zur Verfügung stehen. Hier muss eine Rückbesinnung erfolgen. Man kann nicht alles auf einmal machen. Das war eine Entscheidung zum Schaden der Lehrer und der Schüler. Wir müssen einen Schritt zurückgehen, das Ziel aber beibehalten.

Wie soll das gehen?

Greilich: Wir bauen die Ganztagsbetreuung aus, wir machen mehr Inklusionsangebote – aber auch nur da, wo wir zusätzliche Lehrerstellen nicht nur schaffen, sondern auch besetzen können.

Wie bewerten Sie die Übereinkunft zum Universitätsklinikum Gießen/Marburg?

Greilich: Ich bin zufrieden, dass es eine Befriedung der Situation gegeben hat. Wie es im Einzelnen zu bewerten ist, kann ich Ihnen leider nicht sagen, weil die Landesregierung sich weigert, die Vereinbarung dem Haushaltsgesetzgeber offenzulegen. Ich habe von Rhön und von der Universität gehört, dass es eine gute Lösung sei. Wenn die beiden zufrieden sind, muss im Zweifelsfall ein Dritter, nämlich das Land, ordentlich den Geldbeutel aufgemacht haben. Und da würde mich als Haushaltsgesetzgeber schon einmal interessieren, was dahintersteckt.



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